0055
Xenia Hausner*
(Wien 1951)
„Orientexpress“
2000
Acryl auf Harfaser; ungerahmt
2-teilig: 105 x 270 cm und 244,5 x 270 cm; gesamt 350 x 270 cm
Provenienz
Dr. Michael Noeth, Ansbach, 2010;
seither europäische Privatsammlung
Ausstellung
Xenia Hausner: Heart Matters, Forum Gallery, New York, 2000
Literatur
Xenia Hausner, Heart Matters, Wieland Schmied. Forum Gallery Editions, D.A.P./Distributed Art Publishers, 2003.
Wieland Schmied (Ed.), Xenia Hausner, Kampfzone, Wienand Verlag, Köln 2003, Abb. S. 41.
Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Meistbot: € 50.000
Auktion ist beendet.
Xenia Hausners Bilder drängen sich der Interpretation quasi auf. Ihre großteils weiblichen Protagonisten schauen dem Betrachter direkt in die Augen, scheinen Kontakt aufnehmen zu wollen. Die Gedanken beginnen sofort zu arbeiten, man sucht nach der Geschichte der Frauen, was sie verbindet, was ihnen zugestoßen ist, was in ihren Köpfen vorgeht. Doch Hausner geht es nicht um eine richtige Antwort, es gibt keine Story dahinter, nichts was man bei näherer Betrachtung besser verstehen oder durchschauen könnte. Ihre Bilder werden gerne als „psychologische Portraits“ bezeichnet, doch ist es nicht Hausners Ziel, die Seelen der Dargestellten freizulegen und uns in ihre Tiefen blicken zu lassen. Es gibt hier keine Diagnose, keinen Blick ins Innerste, keine Erkenntnis für den Betrachter. Hausners Bilder sind Ergebnis sorgfältigster Vorbereitungen: Ausgesuchte Details werden arrangiert, Möbel und Objekte in Relation zueinander gesetzt und zu Bühnen drapiert, auf denen ihre Protagonisten auftreten und agieren, wie die Inszenierung der Künstlerin es vorgibt.
Häufig sind ihre Modelle Theaterleute, Schauspieler, Komparsen, die sich der Bildregie der Malerin fügen. Immer geht es dabei ums anschauen und angeschaut werden, eine stumme Kommunikation, die sich anbahnt zwischen Modell und Betrachter. Dem Fleisch kommt dabei eine wichtige Rolle zu, wobei Hausner verstärkt hämatom-artige Grün- und Blautöne verwendet, die die Fleischlichkeit und Körperlichkeit stark betonen und zuweilen eine Eigenständigkeit besitzen, die an die Farbextreme der Expressionisten erinnern. Das Spiel mit intensiven Farbtönen verstärkt sich bis hin zum Eigenleben, die Empfindung wird wichtiger als die akkurate Linie der Form. Hausner arbeitet viel mit Fotografie und gönnt sich dabei die Freiheit, die verschiedenen Bildmittel zusammenzubringen und daraus etwas neues zu schaffen, ein Gemälde, ein Lichtbild oder eine Hybridform. Neben ihren geheimnisvollen, oft traumartigen Szenerien malt Hausner auch Portraits, wobei es ihr nicht um eine möglichst reale Darstellung der Portraitierten geht, sondern um das Eigenleben, das ein gutes Bild zu führen beginnt, jenseits unserer Realität. „Wenn die Leute mich fragen, ob es nicht sehr eitel ist, sich ein Bild von sich selbst an die Wand zu hängen, sage ich immer: „Das Bild hat doch mit Ihnen gar nichts zu tun!“ Wenn es ein gelungenes Bild ist, dann ist es eine eigenständige Persönlichkeit, wenn es ein schlechtes Bild ist, dann will man es nicht sehen. Nichts macht mich wahnsinniger, als wenn sich Menschen neben ihre Bilder stellen, oft auch Modelle, die sich freuen, in einem mehrfigurigen Bild erkannt zu werden. Ich sag dann immer: „Geht’s weg. Ihr schaut so trivial aus. Das tut euch nicht gut.“ (Xenia Hausner im Gespräch mit Günther Oberhollenzer in: Xenia Hausner. Überleben. Ausstellungkatalog Essl Museum, Wien 2012) (Ina Waldstein)