Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

01. Dezember 2018, 15:00 Uhr

0636

Stephan Balkenhol*

(Fritzlar 1957)

„Lying Woman“
1991
Holzskulptur, Zedernholz mit Acryl
ca. 28 x 70 x 46,3 cm

Provenienz

Andrea Rosen Gallery, New York;
Privatsammlung, Süddeutschland;
Ketterer Kunst Auktionen, München, 4. 6. 2008, Lot 384;
seither europäische Privatsammlung

Ausstellung

Signs of Being. Figurative Art of Diverse Media in a Dialogue with abstract and conceptual works, The Foundation to Life Exhibition Space, Mount Kisco, New York, Mai 2004-May 2005

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 33.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

„Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles. Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken.“ (Stephan Balkenhol in: https://www.kunsthalle-baden-baden.de/de/stephan-balkenhol/, zugegriffen am 8.10.2018)

Stephan Balkenhol gehört nicht nur im deutschen Raum sondern auch international zu den wichtigen, wegweisenden Bildhauern unserer Zeit. Sein Markenzeichen sind grob mit einem Beitel aus mächtigen Holzstämmen gehauene und farbig bemalte Skulpturen. Der Arbeitsvorgang, das Herausarbeiten der Figur aus dem Holz bleibt dabei nachvollziehbar. Oft sind Figur und Sockel in einem Stück untrennbar miteinander verbunden, die Oberfläche roh und grob, die Spuren, die das Stemmeisen im Material hinterlassen hat, noch deutlich sichtbar.

Das heroische Monument ist nicht seine Sache. Seine Figuren lassen Spielraum für die subjektive Interpretation, sie sollen zu Spiegelbildern des Betrachters werden, der seine Gefühle, Wünsche und Hoffnungen in sie hineinprojizieren kann. Daher sind es durchwegs anonymisierte Gestalten ohne greifbare Physiognomie, die scheinbar Unscheinbaren, die ihre Emotionen gut versteckt halten und dabei schwer greifbar, irgendwie abwesend und rätselhaft wirken.

Neben den „Männern ohne Eigenschaften“ (https://www.tagesspiegel.de/kultur/ausstellungen/ausstellung-maenner-ohne-eigenschaft/1394094.html, zugegriffen am 9.10.2018) nimmt auch das Weibliche einen großen Raum im Schaffen Stephan Balkenhols ein. Auch hier ist wesentliches Element, dass die Figuren „in einem Moment der Innerlichkeit verharren, ohne ihr Inneres freizulegen“ (Stephan Balkenhol. Ausstellungskatalog, Kunstmuseum Ravensburg, Ravensburg 2014, S. 20). Der liegende Akt kommt seit 1986 immer wieder im Schaffen des Künstlers vor. Die oftmalige Rückkehr zu einem bestimmten Figurentypus ist Programm. 1991 entsteht die farbig gefasste Liegende, die ikonografisch den Odalisken von Henri Matisse oder Edouard Manets Olympia verwandt ist. Fixieren diese den Betrachter selbstbewusst und herausfordernd, so blickt Balkenhols Figur eigenartig entrückt ins Leere. Trotz der aufreizenden Pose und der exponierten Nacktheit bleibt das Erotische nur eine Andeutung. Balkenhol spielt mit ikonografischen Traditionen und bricht diese sogleich. „Er entmystifiziert die Frau und macht sie dadurch zu einer ‚gleichen anderen’“ (Ravensburg 2014, S. 26). Ihm geht es dabei um den, wie er selbst sagt, „existentiell anthropologischen Blick“ (Stephan Balkenhol, Letztlich sind die Figuren meine Kinder, in: Monopol, Berlin, Oktober 2007, S. 83), um die Bewusstmachung des Wahrnehmungsprozesses. Durch die Negierung eines erzählerischen Zusammenhangs, durch die Verweigerung seiner Figuren mit dem Betrachter in einen Diskurs zu treten und der dadurch bedingten Einschränkung einer Deutungsvielfalt, wird das erst möglich. (Sophie Cieslar)