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Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. Dezember 2017, 18:00 Uhr

Objektübersicht
Objekt

0672

Franz Zadrazil*

(Wien 1942 - 2005 Wien)

„Fashion Hats“
Öl auf Holz; gerahmt
207 x 270 cm

Provenienz

österreichischer Privatbesitz

Literatur

Galerie Würthle (Hg.), Franz Zadrazil, Wall Ups. Ausstellungskatalog, Galerie Würthle 1992, Abb. S. 55.

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 85.650 (inkl. Gebühren)

Spaziergänge, möglichst zu Tages- oder Nachtzeiten mit seltenen Lichtkonstellationen, führten Franz Zadrazil meist über Straßen, deren Häuserfronten seine Aufmerksamkeit fingen. Weder ihre Historie noch ihre architektonische Bedeutung waren ihm dabei Anlass, sie zu fotografieren. Einzig und allein der besondere Moment, das Entdecken eines Schattens, eines Ornaments, einer bröckelnden Werbetafel, einer verblassten Wandmalerei, eines schäbigen Geschäftseingangs oder einfach einer Farbe reizten sein Interesse. In manchem Aspekt könnte man ihn als neuen Impressionisten bezeichnen. Dass sich aus den selektierten Ausschnitten, die er in Malerei umsetzte, oft skurrile, aber auch gefühlvolle Bildwelten und attraktive Kompositionen ergaben, war zwar nicht zufällig, stand aber nicht im Fokus seiner Arbeit. Dennoch inspirierten ihn manche Ansichten zu einer „Zugabe“, die seiner Fantasie entsprang oder aus einer anderen Stadtansicht entnommen wurde. Assoziativ, wie Zadrazil arbeitete, war ihm wichtig, keiner Ideologie zugeordnet zu werden, er lehnte jede Überinterpretation seiner Bilder ab. Der bei Rudolf Hausner ausgebildete akademische Maler ließ sich vielmehr von seinen persönlichen Stimmungen und Beobachtungen leiten, die er mit betont handwerklichem Zugang, um sich von jedem zu distanzieren, darstellte.

Die bewusst schwarzweiß gewählten Fotos, die der Künstler für wahrhaftiger hielt, wurden auf grundierte Novopanplatten projiziert, aus der subjektiven Erinnerung ergänzte Zadrazil die Farbe, ohne Intention eines fotorealistischen Ergebnisses. Ähnlich dem Lauf der Zeit, der die Fassaden bleicht und am Verputz nagt, fügte der Künstler der frischen Ölschicht mit malerischen Mitteln, aber auch durch Kratzen, Schaben und Auflösen seine eigenen Spuren der Vergänglichkeit zu.

„Fashion Hats“ zeigt eine sonnenbeschienene Fassade in New York City, strukturiert von einem Raster aus Schatten und getragen von einer Reihe betagter, doch individueller shop fronts, in deren Zentrum das Hutgeschäft mit animierend blauem Schriftzug seine Ware anbietet. Scheinbar über die Köpfe der Passanten hinweg fotografiert, konzentrierte sich Zadrazil auf die von den Vorbeieilenden übersehene urbane Dichte der Details. Das alltägliche Werden und Vergehen, die darin aufleuchtende bizarre Schönheit eines einzigen, kurzen Augenblicks und die niemals erzählten Lebensgeschichten im Hintergrund begründen die Anziehungskraft dieser Bilder. (Claudia Lehner-Jobst)