Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

05. Dezember 2017, 18:00 Uhr

0273

Serge Poliakoff*

(Moskau 1906 - 1969 Paris)

„Komposition“
um 1961-62
Gouache auf Papier
62,7 x 47,8 cm
Signiert rechts unten: Serge Poliakoff

Provenienz

in den 1990er Jahren bei Salis & Vertes, Salzburg, erworben;
seither österreichischer Privatbesitz

Das Werk ist in den Archives Serge Poliakoff, Paris, unter der Nr. 860019 registriert. Wir danken Thaddée Poliakoff für die freundliche Bestätigung anhand von Fotos.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 63.360 (inkl. Gebühren)

Nach dem zweiten Weltkrieg versuchte Paris in der zunehmenden Konkurrenz zu New York wieder seine Vormachtstellung als Kulturhauptstadt aufzubauen. Es entbrannte ein Wettstreit um die Vormachtstellung zwischen den Anhängern der Lyrischen Abstraktion in Frankreich und jenen der Abstrakten Expression in den USA. In der Nouvelle École de Paris fanden sich so unterschiedliche Künstler wie Jean Dubuffet, Pierre Soulages, Hans Hartung, Georges Mathieu und Serge Poliakoff zusammen. Letzterer hatte beeinflusst durch Kandinsky und durch seine Bekanntschaft mit Sonia und Robert Delaunay einen ganz eigenständigen Stil entwickelt, eine neue Art der Farbform-Komposition, die in manchem dem amerikanischen Color Field Painting verwandt ist. Es ist eine Art der Absoluten Malerei, die nicht in einem Abstraktionsvorgang von Gegenständen der Realwelt besteht, sondern die Linie, Fläche und Farbe ohne jegliche Gegenstandsassoziationen einsetzt. 1962 wurde Serge Poliakoff in Frankreich eingebürgert, im selben Jahr zeigte man seine Arbeiten in einem eigenen Saal auf der Biennale di Venezia.

Was auf den ersten Blick an den Bildern Serge Poliakoffs auffällt, ist die Ruhe und Harmonie, die sie ausstrahlen. Komplizierte geometrische Formen schieben sich ineinander, perfekt in die Fläche eingepasst, wie komplizierte Intarsien, ein gemaltes Tetris, das keine Zwischenräume, keinen Spielraum übrig lässt. So laut die kräftigen Farben wirken, so leise, so perfekt in einen ewig gültigen Raum gegossen scheinen die Kompositionen. In den späteren Bildern, wie unserer wohl um 1961/1962 entstandenen „Komposition“, beschränkt sich Poliakoff auf wenige Farbtöne in einem Bild, zeigt eine Neigung zu monochromer Gestaltung. Auch wirken die Farbfelder durch einen differenzierteren Pinselstrich bewegter, scheinen zu fluktuieren und weisen an manchen Stellen so starke farbliche Parallelen zum Nachbarfeld auf, dass die gleichwohl vorhandenen Trennungslinien kaum zu erkennen sind. Es ist also eine neue Art der Bewegung und Räumlichkeit hinzugekommen. Die Überlagerungen verschiedener Rottöne innerhalb eines Feldes bewirken ein optisches Nachvor- und Zurücktreten, die dunklen Farbtöne scheinen zum Greifen nah, die helleren Stellen in eine unbestimmte Bildtiefe zu entweichen. „Man nehme: von Matisse die Poesie, von Kandinsky den Konstruktivismus, von Rothko die elegant-minimale Chromatik, dann vereine man dieses mit sinnlich-organischen, geometrischen und plastischen Farb-Formstrukturen und rühre solange, bis eine perfekte Symbiose erreicht ist. Das sind Poliakoffs harmonische Bilder – leise und unaggressiv, unverwechselbar und einzigartig.“ (Christa Blenk, http://eborja.unblog.fr/2013/11/30/poliakoff/, aufgerufen am 26.10.2017)

„Stille ist nicht bloß Abwesenheit von Lärm, sondern ein Schweigen, das den Menschen Augen und Ohren öffnet für eine andere Welt,“ schreibt der Künstler. Und genau das ist es, was er mit seinen Arbeiten erreichen will, uns die Augen für eine andere Welt öffnen. (Sophie Cieslar)