Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

05. Dezember 2017, 18:00 Uhr

0210

Gustav Klimt

(Wien 1862 - 1918 Wien)

„Sitzende Dame von vorne (Studie für ein nicht ausgeführtes Bildnis Magda Mautner-Markhofs)“
1904
schwarze Kreide auf Papier
55 × 34,8 cm
Bestätigung von Franziska Klimt rückseitig: N 19 Zeichnung von Gustav Klimt bestätigt Franziska Klimt
Sammlerstempel WSG (Walter Glaas) rechts unten

Provenienz

ehemals Franziska Klimt;
Oberkommissär Walter Glaas, Wien (Sammlerstempel WSG);
österreichischer Privatbesitz

Literatur

Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Nachtrag, 1878-1918, Bd. IV, Salzburg 1989, WV-Nr. 3541a, Abb. S. 136 sowie S. 141

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Meistbot: € 20.000
Auktion ist beendet.

Die Dargestellte Magda Mautner Markhof stammte aus einer bekannten Wiener Großindustriellenfamilie. Ihr Vater war Karl Ferdinand Mautner Markhof, der gemeinsam mit seinem Bruder Georg Heinrich das stark expandierende Familienunternehmen leitete. Sie selbst war künstlerisch tätig und nahm bei Alfred Roller, Mitbegründer der Wiener Secession und Lehrer an der Kunstgewerbeschule, Malunterricht. Ihre Werke waren auf der Wiener Kunstschau 1908 zu sehen. Die Familie war nicht zuletzt durch die Heirat von Magdas jüngerer Schwester Editha (Dita) mit Koloman Moser im Jahr 1905 in secessionistischen Kreisen gut vernetzt. Fotografien der Zeit belegen den engen Kontakt Gustav Klimts mit der Familie. So war es kein Zufall, dass der in den „guten“ Wiener Kreisen äußerst beliebte Künstler – die Bildnisse Knips, Lederer, Henneberg, Stonborough-Wittgenstein und Bloch-Bauer – belegen dies, den Auftrag erhielt, die junge Frau zu portraitieren. Mehrere Studien entstanden, zu einer Ausführung auf Leinwand kam es nicht. Der Grund scheint in einem längeren Paris-Aufenthalt Magda Mautner Markhofs als Schülerin von Maurice Denis begründet und darin, dass die junge Frau nach ihrer Hochzeit mit dem Hotelier und Literaten Alois Grasmayr Wien 1914 Richtung Salzburg verließ.

Die einzelnen Studien zum Bildnis belegen den familiären Charakter der Portraitsitzungen. Entspannt sitzt Magda auf einem Fauteuil, der in den anderen Zeichnungen schemenhaft angedeutet, in vorliegendem Blatt aber nicht zu sehen ist. Die Hände ruhen auf ihrem linken Knie. Die Körperrundungen werden von den üppigen Rüschen des Kleides aufgenommen, die Vorliebe für das Motiv der Rüschen ist typisch für die Zeit um 1904 und führt in weiterer Folge zu einer zunehmenden Geometrisierung der Körperformen, die im zeitgleich beauftragten und 1911 vollendeten Stoclet-Fries und Bildern wie „Der Kuss“ von 1908 ihren Höhepunkt findet. In vorliegender Studie „überspinnen Volants und kleine Kringeln die Gestalt“ (Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen, Nachtrag, 1878-1918, Bd. IV, Salzburg 1989, S. 137). Der Zeichenstil in diesen Jahren ist geprägt von einer wesentlichen Aufwertung der Linie. Die Beschäftigung mit zeitgenössischen Werken von Jan Toorop, Aubrey Beardsley, Ferdinand Hodler, Georg Minne oder Edvard Munch spielt hier ebenso eine Rolle wie der konstruktive Jugendstil eines Josef Hoffmann und Kolo Mosers. Auch in seiner eigenen Sammlung japanischer Holzschnitte und in antiken Vasen mag Gustav Klimt Anregungen gefunden haben. Zudem besaß auch die Familie Stoclet eine bedeutende Sammlung japanischer Farbholzschnitte, zu der der Künstler durch seinen Auftrag für den berühmten Fries in diesen Jahren Zugang hatte.
Der Zeichenstil selbst wird um diese Zeit äußerst feinlinig, die schwarze Kreide in sanften Schwüngen auf die leicht schimmernde Oberfläche des Simili Japanpapiers gesetzt. Obwohl im Gesicht der Dargestellten nur der Mund, der sanfte Schwung der Nase und der Augenbrauen angedeutet sind, erfasst Klimt bereits in diesen wenigen Details das selbstbewusste Wesen der jungen Frau. (Sophie Cieslar)