Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

20. Juni 2017, 18:00 Uhr

0298

Rudolf Wacker

(Bregenz 1893 - 1939 Bregenz)

„Herbststrauß mit Falter“
1938
Öl auf Sperrholz
65 × 50 cm
Signiert und datiert rechts unten: R. Wacker 38.
Rückseitig eigenhändig bezeichnet: B 50 H 65 / Rudolf Wacker / Bregenz / 1938 / "Herbst-Strausz mit Falter"

Provenienz

Vorarlberger Landesregierung, 1938 direkt vom Künstler erworben, bis Dezember 1950;
seither in österreichischem Privatbesitz

Ausstellung

1938 Bregenz, Vorarlberger Kunstgemeinde, Kunst-Ausstellung in der Staatsgewerbeschule Bregenz, 19. 06. - 31. 08., Nr. 281

Literatur

Max Haller, Rudolf Wacker 1893 - 1939. Biografie mit dem Oeuvre-Katalog des malerischen Werkes, Lustenau 1971, WV-Nr. 353, o. Abb. (dort fälschlich "Vorarlberger Landesmuseum" als Eigentümer angeführt)

Schätzpreis: € 150.000 - 300.000
Ergebnis: € 256.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Wie viele seiner Zeitgenossen beobachtet Rudolf Wacker die politische Entwicklung der dreißiger Jahre mit wachsender Besorgnis, er erkennt die Gefahr schon früh und setzt sich aktiv mit Briefen und Artikeln zur Wehr. Mit der massiv werdenden Bedrohung durch das Hitler-Regime kommt die Resignation, sein Gesundheitszustand verschlechtert sich. 1937 besucht er die Ausstellung „Entartete Kunst“ in München. Nach dem Einmarsch der NS-Truppen in Österreich spitzt sich die Lage zu, als bei ihm im Mai 1938 Hausdurchsuchungen und Verhöre durch die Gestapo stattfinden. Er kann sich von seinem Herzleiden nicht mehr erholen und stirbt am 19. April 1939.

In diesen schweren letzten Schaffensjahren entstehen seine beeindruckendsten Blumenstillleben: die "Herbststräuße". Hat Wacker in früheren Bildern noch die Pracht blühender Blumen dargestellt, nehmen verdorrte Pflanzen nun den größten Raum im Oeuvre ein. Der "Herbstrauß mit Falter" aus dem Jahr 1938 ist von atemberaubender malerischer Schönheit und berührt durch seine tiefe Symbolkraft. Seine verwelkten Blüten und verdorrten Blätter sind eindringliche Zeichen für die Vergänglichkeit des Seins, während der kleine Falter für die Flüchtigkeit des Augenblicks steht. Mit maltechnischer Perfektion auf der Holztafel verewigt, ist der "Herbstrauß mit Falter" wohl eines der wunderbarsten Bilder Rudolf Wackers zum Thema Memento-Mori.

Am Ende seines Lebens mildern die „Herbststräuße“ die große finanzielle Not des Malers, weil sie leichter verkäuflich sind als seine anderen Stillleben, die für viele zeitgenössische Sammler wohl unverständlich bleiben. Eine Schlüsselstelle aus Rudolf Wackers Tagebuch, der wichtigsten Quelle zum Verständnis seiner Bilder, spiegelt die Leidenschaft des Malers für die Symbolik sterbender Pflanzen wider: „Verdorrte Sträusse - Sie haben nicht die gleissenden, aufdringlichen Farben frischer Blumen; stiller sind sie, wie aus Staub aufglimmend. Es liegt eine unbemerkte Schönheit in diesen im Sterben erstarrten Formen und nachglühenden Farben. Sie haben ihre sinnliche Üppigkeit verloren und - Symbole des Welkens und Vergehens - sind sie doch reich noch von den Spuren des Lebens und voller Bedeutung. Ich bin ja ein Anwalt der unbeachteten bescheidenen Dinge. Es ist ein kleiner Beitrag neuer Sujets, die nie von ungefähr kommen und ohne Sinn sind. Übrigens ist es unangenehm, neben den frischen Blumen der Vasen gemalte an den Wänden zu sehen; es ist aber ein anderes, die verdorrten im Bilde in bleibender Lebendigkeit zu halten." (Rudolf Wacker, Tagebuchnotiz, 10. 11. 1934)

Wohl kalkuliert kombiniert Wacker in seinen Stillleben die organischen Formen der Pflanzen mit geometrischen Bildpartien und erzeugt mit dieser Polarisierung eine besondere Spannung in der Bildkomposition. Mit viel Mut zur Leere wählt er oft zwei gegeneinander gesetzte graue Farbflächen als abstrakte Kulisse. Die für ihn typische Abstraktion des Raumes nimmt den Dingen ihren Ort und ihre Zeit. Zugleich macht die abstrakte Hintergrundfolie deutlich, wie präzise der Maler seine Gegenstände wiedergibt. Wesentlich für die mühsam erarbeitete maltechnische Virtuosität ist für Wacker das Studium alter Meister in den Museen. Sein besonderes Interesse gilt den Stillleben- und Blumenmalern des 17. Jahrhunderts. In den Gemäldegalerien findet er bei Restauratoren und Kopisten Anregung und Hilfe beim Erlernen der „altmeisterlichen“ Technik. (CMG)