Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0242

Sebastian Isepp*

(Nötsch im Gailtal 1884 - 1954 London)

„Flussufer im Rauhfrost“
1909/10
Öl auf Leinwand
110 × 125 cm
Signiert rechts unten: Sebastian / Isepp
Rückseitig mit Bleistift am Keilrahmen bezeichnet: S. Isepp, Flussufer im Rauhfrost

Provenienz

aus dem Nachlass von Gertrude Zuckerkandl-Stekel (1895-1981), direkt vom Künstler erworben;
seither in Familienbesitz

Literatur

Vergleiche: Gerbert Frodl und Elisabeth Brandstötter (Hg.), Sebastian Isepp, Salzburg 2006, vgl. WVSI 31, S. 80 (anderes Gemälde mit Titel "Flussufer", 1909/10)

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 203.550 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das um 1909/10 entstandene Winterbild von Sebastian Isepp stammt aus dem Nachlass von Gertrude Zuckerkandl-Stekel (1895-1981), der Schwiegertochter von Berta Zuckerkandl, jener einflussreichen Literatin und Kritikerin an der Wende des vorigen Jahrhunderts, in deren Salon die künstlerische Avantgarde des Landes verkehrte. Zu den von Berta Zuckerkandl bewunderten und geförderten Malern gehörte auch Sebastian Isepp.
Gertrude, geb. Stekel, heiratete Fritz Zuckerkandl, den Sohn von Berta und Emil Zuckerkandl, im Jahr 1919. Wann genau Gertrude die vorliegende Winterlandschaft von Sebastian Isepp erwarb und ob dies über Vermittlung von Berta Zuckerkandl geschah, wissen wir nicht. Möglich ist auch, dass Gertrude und Sebastian Isepp einander in Paris im Hause von Berta Zuckerkandls Schwester, Sophie Clemenceau, kennen lernten, wo viele Künstler ein und aus gingen. Gertrude, selbst Malerin, und Fritz waren in den 20er Jahren häufiger Gast von Sophie Clemenceau und Sebastian Isepp hielt sich zu der Zeit ebenso in Paris auf. Fest steht, dass Isepps Winterlandschaft bis 1938 in dem von Josef Hoffmann für Viktor Zuckerkandl erbauten Sanatorium Purkersdorf hing. Dort wohnten Gertrude und ihr Mann seit den späten 1920er Jahren, weil Fritz nach dem Tod seines Onkels Viktor einen Anteil am Sanatorium geerbt hatte. Nach dem Anschluss Österreichs an das Nazi-Deutschland 1938 war die Familie Zuckerkandl zur Emigration nach Paris gezwungen. Sebastian Isepps Winterlandschaft blieb in Österreich, wurde erst 1949 nach Paris nachgeholt, nachdem es Gertrude gelungen war, Teile ihrer während des Krieges "arisierten" und entzogenen Kunstwerke zurück zu gewinnen. Danach befand sich das Gemälde bis zum Tod von Gertrude und Fritz Zuckerkandl in deren Pariser Wohnung. Seither blieb das Bild im Eigentum der Familie.

Um 1910 sind die späteren Exponenten des Nötscher Kreises, Anton Kolig, Franz Wiegele und Sebastian Isepp noch in Wien. Von den führenden Künstlerpersönlichkeiten Gustav Klimt und Carl Moll gefördert, schließen sich die jungen Maler 1909 zu der von Egon Schiele initiierten "Neukunstgruppe" zusammen. Anders als letzterer sind die Nötscher Maler keine radikalen Neuerer, sondern nehmen eine gemäßigte Position innerhalb der österreichischen Moderne ein.
Sebastian Isepps malerisches Oeuvre ist mit etwa 80 Werken relativ klein und konzentriert sich auf die Jahre zwischen 1907, dem Ende seiner Akademiezeit, und 1914. Die meisten der Bilder entstehen bis zu seinem dreißigsten Lebensjahr, nach 1918 legt er den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Restaurierung alter Kunst. Eine besondere Vorliebe entwickelt Isepp für Winterbilder, ein Sujet, das nur von wenigen Malern in dieser Intensität gewählt wird. Schon 1910, als Isepp in der Wiener Secession ausstellt, etabliert er sich als Maler von Wintersujets und wird von der Kritik als "vorzüglicher Schneemaler" apostrophiert.
Unter schwerer Schneelast und von der Kälte des Raufrostes durchdrungen, säumen Nadelbäume und Sträucher das Ufer eines Flusses auf vorliegendem Gemälde. Der Maler rückt die menschenleere Winterlandschaft in einem eng gewählten Bildausschnitt nah an den Betrachter heran und führt die Stimmung der Jahreszeit in all ihrer Pracht und drastischen Kälte unmittelbar vor Augen. Fein modulierte Weiß- Blau- und Lilatöne legen sich über die gesamte Bildfläche, im fleckigen Farbauftrag und gestischen Duktus zeigt sich die Affinität zu expressionistischen Gestaltungsmitteln. Winterbilder wie dieses haben sich als Spezialität Sebastian Isepps in die österreichische Kunstgeschichte eingeschrieben. (CMG)