Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0241

Georg Tappert*

(Berlin 1880 - 1957 Berlin)

„Mädchen am Tisch (Betty mit Fächer)“
1913
Öl auf Leinwand
109,5 × 91,5 cm
Signiert links oben: Tappert
Rückseitig diverse Ausstellungsetiketten

Provenienz

Aus dem Nachlass des Künstlers;
Leonard Hutton Galleries, New York;
Privatbesitz;
Christie's London, 9. 10. 1996, Nr. 135;
österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1959 Kassel, Kunstverein Kassel, Georg Tappert -Gedächtnisausstellung, 24. 05.-21. 06.;
1961 Berlin, Akademie der Künste, Georg Tappert 1880-1957, Gedächtnisausstellung, 05. 02.-19. 03.;
1963 Berlin, Galerie Nierendorf, Georg Tappert, 21. 10.-22. 01.;
1964 New York, Leonard Hutton Galleries, Georg Tappert, 22. 04. - 16. 05., Kat. Nr. 14 o. Abb. (Titel dort: Betty);
1969 New York, Parke-Bernet Galleries, German Expressionists from the Leonard Hutton Galleries, 29. 03.-09. 04.;
1973 Berlin, Kunstamt Wedding, Georg Tappert - Gemälde, 27. 09.-08. 11.;
1977 Hamburg, BAT-Haus, Georg Tappert - Wiederentdeckung eines Expressionisten, 14. 04.- 03. 06.;
1980 Berlin, Berlinische Galerie, Georg Tappert, 28. 11. - 25. 1., Kat. Nr. 16 o. Abb. (Titel dort: Mädchen am Tisch)

Literatur

Gerhard Wietek, Georg Tappert, Ein Wegbereiter der deutschen Moderne, München 1980, WV-Nr. 147, Abb. S. 181

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 223.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der 1880 in Berlin geborene Künstler Georg Tappert gehört zu den bedeutendsten Expressionisten des 20. Jahrhunderts. Sein Oeuvre entwickelt sich besonders in der Zeit bis zum ersten Weltkrieg, in welcher auch das hier angebotene Werk entstand. Nach seiner Ausbildung in Karlsruhe und auf Burg Saaleck und einigen Jahren Aufenthalt in der Künstlerkolonie Worpswede, kehrte Tappert 1910 endgültig nach Berlin zurück. Nach einer Absage der Berliner Secession gründete er noch 1910 gemeinsam mit Moritz Melzer und Heinrich Richter-Berlin die Neue Secession. Das Gründungsmanifest wurde auf der Rückseite des Absagebescheides der Berliner Secession festgehalten. Hier erweist sich Tappert als die treibende Kraft. Die Gruppe erweiterte rasch nach der Gründung ihre Mitgliederzahlen. Der neue Wind - das Ablehnen der Berliner Secession, die sich zum Vorwurf machen musste, französische Impressionisten vorzuziehen - und auch die Tatsache, dass es kein gemeinsames künstlerisches Konzept gab, begünstigten den Anstieg der Anhängerschaft. Die Ausstellungen der neuen Gruppierung wurden durch Werke anderer Künstler ergänzt. So stellten ebenso Künstler, die der Neuen Secession nicht angehörten, ihre Werke aus, wie z. B Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky und Franz Marc. Umgekehrt erhielt auch Georg Tappert die Möglichkeit, in der 2. Ausstellung des Blauen Reiters auszustellen.

Der weibliche Akt sitzt an einem Tisch mit einem rosa Fächer in der Hand, hinter ihm ein Raum ohne Tiefe. Die in Goldocker gehaltene Figur erhebt sich über den blau schraffierten Hintergrund. Abgestützt auf einen Tisch mit ornamentierter Tischdecke. Der dekorative Stoff der Decke und der rosa Fächer sind Requisiten seiner Bilder aus der Welt des Varietés und der Revuen. Der Fächer, der stets in Rosa dargestellt ist, nimmt ein sich wiederholendes Element in den Bildern Tapperts ein.
Die charakteristische Darstellungsweise des Sinnlichen sollte nicht mit voyeuristischen Absichten verwechselt werden. Tappert schafft es auf seine ganz eigene Art, das innere Selbstbewusstsein des Modells zu erfassen und auf die Leinwand zu bannen. Die Akte, die vor 1914 entstehen, gehören der „Betty-Periode“ an. Diese ist gekennzeichnet durch die dunkle Konturierung und die charakteristische Bindung von Grün, Rot und Blau. Der Gebrauch von sattem Goldocker mit brennendem Goldrot und fahlem Gelbgrün. Die lebendige Vitalität des Künstlers fließt in die Bilder ein und überträgt sich noch heute mühelos auf das Miterleben des Betrachters. Die Darstellung des Menschen in seiner natürlichen Kreation, seiner ursprünglichen nackten Erscheinung, rückt in den Mittelpunkt von Tapperts Schaffen. Seine Darstellung der Schönheit des Hässlichen und auch der Äußerlichkeit des Schönen kippt niemals in das Karikaturhafte. Die Akte seines Lieblingsmodells Betty sowie die in der Grafik geschaffenen Köpfe sind Meilensteine der Ausdruckskunst in Deutschland. (AKE)