Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0272

Franz Sedlacek

(Breslau 1891 - 1945)

„Blumenstück“
1922
Öl auf Karton
38,5 × 27,5 cm
Monogrammiert und datiert links oben: FS / 1922
Rückseitig eigenhändig bezeichnet: Franz Sedlacek / "Blumenstück" / Privatbesitz

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
im Kinsky Wien, 69. Auktion, 17. 06. 2008, Nr. 94;
europäische Privatsammlung

Ausstellung

1923 Wien, Secession;
1925 Wien, Secession;
2005 Linz, Landesgalerie

Literatur

Katalog zur 69. Ausstellung der Wiener Secession, Wien 1923, Kat.-Nr. 40;
Katalog zur 81. Ausstellung der Wiener Secession, Wien 1925, Kat.-Nr. 83;
Elisabeth Hintner-Weinlich, Der Maler und Graphiker Dr. Franz Sedlacek, Dissertation, Innsbruck 1987, Nr. 8, S. 217;
Elisabeth Hintner, "Betrachte rückwärts ruhig deine Vorfahren..." Franz Sedlacek und die Rezeption der nordischen Maltradition, in: Belvedere. Zeitschrift für bildende Kunst, Heft 2, 1998, S. 31;
Oberösterreichische Landesmuseen, Landesgalerie Linz (Hg.), Die Ordnung der Dinge. Neue Sachlichkeit in Oberösterreich, Ausstellungskatalog, Weitra-Linz 2005, Abb. S. 106;
Olga Kronsteiner, Der Standard 2008, S. 25;
Gabriele Spindler, Andreas Strohhammer, Franz Sedlacek 1891-1945. Monografie mit Verzeichnis der Gemälde, Auktionshaus im Kinsky (Hg.), Wien 2011, WV-Nr. 11, Abb. S. 153

Schätzpreis: € 70.000 - 140.000
Ergebnis: € 192.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Pflanzen regen Sedlaceks Fantasie zu eigenwilligen formalen Lösungen an. Wie das frühe Blumenstück aus dem Jahr 1922 eindrucksvoll vor Augen führt, findet er im Genre des Blumenstilllebens zu äußerst reizvollen Bildschöpfungen. Mehr als ein Jahrzehnt nach der Entstehung dieses Bildes wird Sedlacek 1935 für ein anderes Blumenstück mit dem österreichischen Staatspreis ausgezeichnet.

Eine wesentliche Inspirationsquelle sind für ihn wohl die berühmten manieristischen Formerfindungen Giuseppe Arcimboldos, dessen fantastische, aus symbolischen Gegenständen zusammengesetzte Köpfe er im Kunsthistorischen Museum in Wien sehen und studieren kann. Während Arcimboldo zu bizarren Motivkombinationen greift, um die Jahreszeiten und Elemente zu allegorisieren, neigt Sedlacek zu ungewöhnlichen Formerfindungen.
In der Vase wunderbar dekorativ arrangiert und genau im Bildzentrum platziert, wirken die Gewächse des Blumenstücks in ihrer plastisch übersteigerten Üppigkeit anthropomorph belebt. Sie schlängeln und biegen sich nach allen Richtungen, so als wollten genügend Raum für sich behaupten. Tatsächlich kommt es nur zu wenig formalen Überschneidungen, sodass jede einzelne Blume voll zur Geltung kommt. Auffallend bizarr sind die drei ballonförmig aufgeblasenen Gewächse, die frei in der Luft zu schweben scheinen, denn die von der Last der schweren Blüten gebogenen Stängel sind kaum wahrnehmbar. Das koloristisch fein nuancierte Blütenarrangement hebt sich vor dem dunklen undefinierten Hintergrund wirkungsvoll ab, auch wenn sich der Maler auf wenige, eher gedämpfte Farben konzentriert. Wie in barocken Blumenstillleben fehlen auch hier die von den Blüten angezogenen Tiere nicht: Zwei Schmetterlinge bereichern die Pflanzenwelt und erinnern in ihrer naturgetreuen Darstellung an die charakteristischen Trompe l’oeil-Effekte der Bildtradition. Die schrullige Echse mit ihren langen Krallen, ihrem extrem aufgepusteten Hängehals und ihrem platt gedrückten breiten Maul akzentuiert freilich die skurrile Note des Bildes und ironisiert die naturgetreue Darstellung traditioneller Blumenstücke. (CMG)