Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

29. November 2016, 18:00 Uhr

0250

Umberto Boccioni

(Reggio Calabria 1882 - 1916 Sorte/Verona)

„Studie“
1912
Bleistift und Grafitstift auf Papier
28 × 22 cm
Signiert rechts unten: Boccioni

Provenienz

Privatbesitz, Wien

Literatur

Guido Ballo, Boccioni, Mailand 1964, Nr. 481 (studio per scultura, 1912), Abb. S. 501;
Gianfranco Bruno, L'opera completa di Boccioni, Mailand 1969, WV-Nr. 153b, S. Abb. 108;
Ester Coen / Maurizio Calvesi, Boccioni, L'opera completa, Mailand 1983, WV-Nr. 778, S. 435
Luigi Tallarico, Boccioni, dal Meridione all'Europa, Ferrara 2009, Abb. S. 111

Das Werk wurde Ester Coen im Original vorgelegt. Wir danken für die mündliche Echtheitsbestätigung.

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 64.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Umberto Boccioni ist einer der bekanntesten Künstler des Futurismus in Italien. Trotz seiner eher kurzen Lebenszeit - er verstarb im Alter von 34 Jahren - hinterlässt er ein vielfältiges Oeuvre von großer Bedeutung.

Umberto Boccioni wuchs in der süditalienischen Provinz, Reggio Calabrese, auf. Nachdem er am technischen Institut in Padua studiert hatte, zog er um 1900 nach Rom. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Plakatmaler. Schon bald lernte er Gino Severini kennen, mit ihm gemeinsam nahm Boccioni Unterricht bei Giacomo Balla, von dessen Erfahrungen mit der französichen Malerei aus Paris beide profitierten. In den Jahren bis 1907 reiste Boccioni nach Paris, St. Petersburg, Venedig und ließ sich dann in Mailand nieder. Der Entschluss nach Mailand zu gehen, war eine Entscheidung gegen das alte Italien und dessen „drei schwärende Wunden der Halbinsel“ (Rom, Florenz, Venedig). Die rasche industrielle Entwicklung in der Peripherie Mailands faszinierte den jungen Künstler. In seiner Unterkunft im Osten der Stadt mitten unter den Arbeitern der umliegenden Industrielandschaft lag die Triebfeder von Boccionis künstlerischer Entwicklung.
Im Jahr 1909 las Boccioni den Text von Filippo Tommaso Marinetti im Figaro - das Manifest des Futurismus. Dieses Manifest wurde mit seiner Abkehr von allem Alten und seiner Verherrlichung des Fortschritts und der Bewegung zum Prototyp der Avantgarden des 20. Jahrhunderts. Schnelligkeit und Dynamik gelten im futuristischen Manifest als Lösung aller Fragen. Am 15. Februar 1910 schloss sich Boccioni der Gruppe der Futuristen an und sie beschlossen, ein revolutionäres Manifest zu verfassen. Mitglieder der Gruppierung, der es nicht um ein gemeinsames ästhetisches Programm sondern vielmehr um den gemeinsamen Erneuerungswillen ging, waren Umberto Boccioni, Aroldo Bonzagni, Carlo Carrá, Romolo Romani und Luigi Russolo, ebenso Gino Severini und Giacomo Balla.

Diese Studie zeigt ein menschliches Gesicht in Nahaufnahme. Der umliegende Raum ist nicht definiert. In futuristischer bzw. kubistischer Manier verbindet Boccioni schwungvolle Flächen, die durch ihren Hell-Dunkel-Kontrast das Gesicht plastisch erscheinen lassen. Das dynamische Vor- und Zurückspringen benachbarter Flächen lässt das Gesicht wie ein Relief wirken. Diese geometrische Formensprache kennzeichnet die Werke des Futurismus und zeigt sich in dieser Zeichnung von ihrer charakteristischen Seite. (AKE)