0070

Francesco Guardi ist heute hauptsächlich für seine von pittoresk bis expressiv reichenden Ansichten von Venedig bekannt. Aber auch in den durch reiche Staffage belebten Venedigveduten wird bereits Guardis Interesse für die verschiedenen menschlichen Charaktere und Gesichtsausdrücke sichtbar. Obwohl Francesco Guardi seine Karriere als Figurenmaler begann, sind in seinem Oeuvre reine Porträts extrem selten zu finden und vorliegendes Mädchenporträt stellt eine wahre Rarität dar.

Wohl auch inspiriert durch die Charakterköpfe Giovanni Battista Tiepolos, Guardis Schwager, widmete sich der Künstler in seiner Reifezeit in den 1770-90er Jahren vermehrt der menschlichen Darstellung. So sind neben vorliegendem Gemälde vier auch sehr kleine „Fantasieköpfe“ in Aylesbury (UK), Waddeson Manor, bekannt, welche ebenfalls studienhaft mit leichtem Pinselstich den Porträtcharakter von drei Mädchen und einem Bauernjungen einfangen (vgl. Antonio Morassi, Guardi. I dipinti, Venedig 1973, Kat.-Nr. 229, Abb. 248-251).