Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

12. April 2016, 15:00 Uhr

0069

„Das Martyrium des hl. Erasmus“
um 1677
Öl auf Leinwand
99,5 × 76,5 cm
Rückseitig Etikett der Kunsthandlung H.O.Miethke, Wien

Provenienz

Sammlung Fürst Wenzel Anton Dominik Kaunitz-Rietberg (1711-1794), Wien;
Versteigerung der Bestände der Gemäldegalerie Kaunitz-Rietberg, Artaria, Wien, 13. März 1920, Lot 128 (als Poussin);
Versteigerung, H.O. Miethke, Wien, 12. Januar 1886, Lot 22 (als Poussin, erworben von einem Herrn Schrack);
1890er Jahre Privatsammlung, Linz;
1926 direkt dort vom Vater des derzeitigen Eigentümers erworben; seither in Familienbesitz

Ausstellung

wohl um 1910 von Dr. Hermann Ubell als Nicolas Poussin ausgestellt im oberösterreichischen Landesmuseum, Museum Francisco Carolinum (laut eines Briefes an den Vater des derzeitigen Eigentümers aus dem Jahre 1926)

Literatur

Theodor von Frimmel, Lexikon der Wiener Gemaeldesammlungen, Bd. G-L, München 1914, S. 347

Wir danken Giuseppe Fusari für die Bestätigung des Gemäldes als ein Werk von Johann Karl Loth und seine Hilfe bei der Erstellung des Katalogeintrags (anhand von professionellen Fotos). Er wird das Gemälde in sein in Vorbereitung befindliches Werkverzeichnis aufnehmen. / We are grateful to Giuseppe Fusari for confirming the painting as a work by Johann Carl Loth and his help with the catalogue entry (on the basis of professional photographs). The painting will be in included in his forthcoming catalogue raisonné on the artist.
Ebenso danken wir Herrn Prof. Erich Schleier für seinen Hinweis zur Zuordnung des Gemäldes.

Schätzpreis: € 10.000 - 20.000
Ergebnis: € 7.680 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Dieses Werk stellt einen bisher unbekannten Modello für das Altargemäldes der Kapelle des heiligen Korbinian in der St. Peterskirche, München, dar. Es zeigt das Martyrium des heiligen Erasmus, einem Heiligen aus Antiocha, der als Seelsorger wirkte und aufgrund seines Glaubens von Kaiser Diokletian verfolgt wurde. Der Stifter namens Sendlinger gab das Münchner Gemälde 1677 in Auftrag, da im gleichen Jahr auch die Kopfreliquie des heiligen Erasmus in diesem Altar platziert wurde (vgl. Gerhard Ewald, Johann Carl Loth. 1632-1698, Amsterdam 1965, S. 87, WV-Nr. 258, Tafel 21).

Im Vergleich zum ausgeführten Werk ist in vorliegendem Bozzetto das Figurenpersonal reduziert. Der Raum nach oben ist weiter und lässt sowohl mehr Platz für die beiden Engel, als auch für die Herkulesskulptur im Hintergrund. Einige Bildelemente wie die fliegenden Engel, sowie der starke Kontrast zwischen Hell und Dunkel zeigen Loths Anlehnung an zeitgenössische römische Maler wie Carlo Maratta. Im Musée des Beaux Arts, Straßburg, befindet sich ein weiterer Bozzetto eines Altarbildes für die Kirche Santa Giustina in Padua mit der Darstellung des „Martyriums des heiligen Gerhard von Csanád“, welcher ebenfalls anhand der Physiognomien und der Lichtbehandlung auf Loths Orientierung an der römischen Malerei, beispielsweise Pietro da Cortonas, hinweist.
Diese prägenden Eindrücke sammelte Johann Karl Loth wohl während seines Aufenthalts in Rom. Auch das vorliegende Gemälde spiegelt das Gesehene in der ewigen Stadt wieder, denn die Komposition ist eine Reminiszenz an Nicolas Poussins Altargemälde für den Petersdom. Nachdem 1627 ursprünglich der Auftrag an Pietro da Cortona gegangen war, sollte dieser ein prestigeträchtigeres Altarbild schaffen und somit wurde das Gemälde mit dem Martyrium des hl. Erasmus dem bis dahin unbekannten Künstler Nicolas Poussin zugesprochen, der innerhalb von zwei Jahren den Auftrag fertigstellte (Abb. 1). Als Querschnitt der künstlerischen Leistung der bedeutendsten Maler und Bildhauer um 1600, nahmen die Kunstwerke von St. Peter eine führende Rolle in der Kunst dieser Zeit ein. Der Maler übernimmt zwar die Gesamtkomposition, übersetzt allerdings das Thema mit vielen Freiheiten in seine eigene künstlerische Handschrift. Johann Karl Loth betont in diesem Gemälde die zentralen Figuren mit kräftigen Farben und zeigt seine besondere Begeisterung für gesteigertes Pathos und effektvolle Hell-Dunkel-Kontraste.