Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

24. November 2015, 16:00 Uhr

0130

Ernst Nepo*

(Dauba 1895 - 1971 Innsbruck)

„Drei Schwestern“
1927
Kohle auf Papier auf Leinwand
117 × 178 cm

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 39.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Kühl und souverän lagern Ernst Nepos „drei Schwestern“ vor dem Betrachter, unbeeindruckt und bemerkenswert. Das Blatt schwebt in einem Zustand zwischen Studie und eigenständiger Zeichnung. Einerseits sind die drei Figuren voll durchgestaltet und in spannender Komposition zueinander in den Bildraum gebracht, andererseits sind hier wohl unterschiedliche Lichtquellen im Spiel und die exakte Positionierung im Raum ist nicht klar. Das trifft besonders auf die oberste Figur zu, die nicht nur in Relation zu der ihr nächsten „Schwester“ einen unklaren Platz einnimmt, sondern auch an Kopf und Hand den Bildrand übertritt – eine derartige Beschneidung ist im Werk Ernst Nepos um 1927 durchaus ungewöhnlich.

Die 20er Jahre zählen zu den spannendsten im Schaffen des Künstlers. Hier vollzieht er eine extreme Wende in seinem künstlerischen Ausdruck. So ist sein Werk zu Beginn des Jahrzehnts noch eindeutig expressionistisch geprägt. Um etwa 1925 wendet er sich einer gänzlich anderen, ja völlig gegensätzlichen Auffassung zu, der kühlen, formal und emotional klaren und schmucklosen Neuen Sachlichkeit, mit deren deutschen Vertretern Georg Schrimpf und Heinrich Maria Davringhausen er bekannt war. Zur Entstehungszeit der Zeichnung war der Künstler am Höhepunkt seiner neusachlichen Malerei. Dementsprechend ist die Behandlung der drei Frauenakte völlig naturalistisch, ohne Schmuck oder Attribute, die eine zusätzliche Interpretation herausfordern würden. Die exakte Ausführung und die Freiheit von jeglicher Emotion verleiht den Figuren eine eigene Souveränität. Der Künstler wird in diesem Werk nicht spürbar, scheinbar unberührt und ganz für sich wirkt die Darstellung der „Schwestern“ geradezu objektiv.
Ernst Nepo wurde lange Zeit durch seine nationalsozialistischen Verwicklungen ignoriert und geringgeschätzt. Nichtsdestotrotz haben wir mit ihm einen der interessantesten Maler des zu Beginn des 20. Jahrhunderts so reichen Kulturraums Tirol vor uns. (Nina Binder)