Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

16. Juni 2015, 15:00 Uhr

0004

„Anbetung der Könige“
um 1500/10
Eitempera auf Tanne
83 × 115 cm
Rückseite: Fragmente einer Verkündigungsszene
Rückseitig auf dem Rahmen: Inventarnummer des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Innsbruck Inv.-Nr. 1137

Provenienz

ehemals Pfarrkirche zum Hl. Nikolaus, Westendorf im Brixental i. T. (um 1500 neu erbaut); im 19. Jahrhundert Privatbesitz Westendorf; im Erbweg an den u. a. in Zell am Ziller und Westendorf tätigen Pfarrer Franz Xaver Jenal (1842-1916); 1916 durch Erbschaft an den Großvater des derzeitigen Besitzers; seither in Tiroler Familienbesitz

Ausstellung

1982 bis 2001 als Leihgabe im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck
2010 bis 2015 als Leihgabe im Belvedere, Wien

Literatur

Ammann, Gert: Katalog der Ausstellung zum 65. Geburtstag von Direktor Erich Egg. Erwerbungen: Legate, Stiftungen, Leihgaben, 1980 – 1985. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum Innsbruck, 13. März bis 5. Mai 1985, Innsbruck 1985, Kat.-Nr. 3 (mit Abb.); Egg, Erich: Gotik in Tirol. Die Flügelaltäre, Innsbruck 1985, S. 351, 356, Abb. 282

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 96.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

"Die Tafel, ursprünglich Teil eines Flügelaltars, stammt aus Westendorf im Brixental. Die Pfarrkirche wird 1500 als neu erbaut erwähnt und erhielt für die Ausstattung einen Ablaß (vgl. M. Mayer, Der Tiroler Anteil des Erzbistums Salzburg, Bd. 2, Going 1940, S. 31). Die Szene der Anbetung ist in einer schlichten, breit aufgeführten Darstellung gehalten, in der die Figuren als Einzelpersonen fungieren. Die Liebe zum naturalistischen Detail wird in der Wiese und dem Birkenstamm sichtbar. Die verhalten lebendige Schrittstellung des Königs Balthasar mit den engen Beinkleidern und dem Wams mit den geschlitzten Ärmeln weisen in die Jahre um 1500." (Ammann, 1985, Nr. 3).
Erich Egg nimmt an, dass das Gemälde ehemals zum selben Hochaltar gehörte, wie eine Skulptur des hl. Nikolaus, welche sich noch heute in der Pfarrkirche Westendorf befindet. Stilistisch ordnet er die vorliegende Tafel in den bayrischen Raum, beeinflusst von Jan Polack (Krakau 1435/1450-1519 München) ein. Die Figurengestaltung lässt jedoch auch Einflüsse aus dem schwäbischen Raum vermuten. Gerade König Balthasar am rechten Bildrand ist nahe verwandt mit derselben Figur im sogenannten "Bopfinger Altar" des Nördlinger Meisters Friedrich Herlin (Rothenburg ob der Tauber um 1430 - um 1500 Nördlingen). Das Gemälde ist ein weiterer historischer Beleg dafür wie vielfältig der künstlerische Austausch zwischen den einzelnen Werkstätten schon zu dieser Zeit im gesamten süddeutschen Raum war.

Auf der grundierten und teilbemalten Rückseite der Tafel befindet sich eine Verkündigungsszene. Der Fußboden des Raumes scheint gekachelt und es ist die Raumflucht mit Fensternischen links und rechts zu erkennen. Rechts oben schwebt das Christuskind mit Kreuz. Maria und der Verkündigungsengel sind in den hellen Aussparungen zu erahnen, welche möglicherweise mit Reliefs befüllt waren. Besondere Aufmerksamkeit zieht der fein gemalte, zentriert platzierte Topf mit Blumen auf sich, welcher als frühes Stillebenelement das Marienattribut darstellt.