Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

27. November 2014, 15:00 Uhr

0854

Anton Raphael Mengs

(Aussig 1728 - 1779 Rom)

„Bildnis Papst Clemens XIII. Rezzonico (1693-1769)“
Öl auf Leinwand
51 × 41,5 cm

Gutachten Dr. Steffi Roettgen, Florenz, 4. September 2011, liegt bei.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 20.480 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der am 6. Juli 1758 zum Papst gewählte Carlo della Torre Rezzonico, der seit 1743 Bischof von Padua gewesen war, entstammte einer Bankiersfamilie aus Como, die seit 1640 in Venedig ansässig war und die 1682 in das Goldene Buch des venezianischen Adels eingeschrieben wurde. Ihr Ansehen und ihren Reichtum manifestierte die Familie 1751 durch den Ankauf eines Palastes (heute Museo del Settecento Veneziano) am Canal Grande, dessen prunkvolle Ausstattung im Jahr der Papstwahl vollendet wurde.

Das Brustbildnis, das den Papst in der damals üblichen Audienzkleidung darstellt, bestehend aus dem Camauro, einer roten, mit Hermelin gefütterten Samtkappe, und der Mozzetta, dem ebenfalls roten und mit Hermelin abgesetzten Schulterumhang, weicht in der Pose von den beiden offiziellen Porträts ab, die Mengs 1758 gemalt hat und die sich 1780 im Besitz von dessen beiden Neffen, dem Kardinal Carlo und dem Senator Abbondio Rezzonico in Rom befanden (heute in der Pinacoteca Nazionale di Bologna und Ca' Rezzonico, Venedig, siehe Steffi Roettgen, Anton Raphael Mengs 1728-1779, Das malerische und zeichnerische Werk, München 1999, Kat. Nrn. 156-159, S. 227-232). Mengs‘ Biograph Nicolas de Azara überliefert, daß Mengs ein drittes, in der Pose abweichendes Bildnis gemalt hatte, das unvollendet geblieben war und das sich nach Mengs‘ Tod im Besitz seiner Erben in Rom befand. Im Nachlaßinventar von Mengs (1779) werden zwei Bildnisse des Papstes aufgelistet: „Ritratto di Papa Rezzonico in tela d’Imperatore - Altro Ritratto del Sudetto più grande di tela d’Imperatore dipinta la testa e la mano“, welche jedoch beide größere Maße hatten. Das zweitgenannte Gemälde ist als ganzfiguriges Werk durch einen Stich überliefert („De Romanorum Magnificentia et Architectura“, 1761, Vorsatzblatt von Giovanni Battista Piranesi (1720–1778) und Domenico Cunego (1724-1803). Der Kopf entspricht in der Haltung dem des vorliegenden Brustbildes, welches durch seine sorgfältige malerische Ausführung erheblich über das Stadium einer Studie nach dem Leben hinausgeht. Dies zeigt auch der Vergleich mit der reinen Kopfstudie (58,4 x 47 cm) für das gleiche Porträt, die sich seit 1956 in der Sammlung des Duke of Wellington befindet.

„Dem Brustbildnis kommt im Kontext der von Mengs geprägten Ikonographie des Rezzonico-Papstes eine wichtige Rolle zu. Es muss als stellvertretend für das im Nachlaßinventar Mengs aufgelistete (f. 487 r) unvollendete Gemälde angesehen werden, dem vermutlich eine ebenso offizielle Rolle zugedacht war wie den beiden anderen Bildnissen von Mengs, die den Papst nicht voll befriedigt hatten, wie einer der Biographen von Mengs überliefert (Prange 1786). Eine mögliche Erklärung für die Unzufriedenheit des Papstes könnte der diesen beiden Porträts fehlende Ausdruck der clementia gewesen sein, die Clemens XIII. aufgrund des von ihm gewählten Namens offensichtlich als ein programmatisches Merkmal seiner persönlichen Erscheinung verstand, was auch die Wahl dieses Typs als Frontispiz on Piranesis Stichwerk erklärt. Diese These wird durch Batonis zwei Jahre später entstandenes Bildnis gestützt, das auch Dank der für ein Papstporträt ungewöhnlichen Pose die leutselige Milde zum Ausdruck bringt, unter deren Schirm Clemens XIII. sein Pontifikat stellen wollte. Mengs‘ durch seinen lebendigen und warmen Ausdruck bestechendes Brustbildnis schlägt eine Brücke zu dieser Bildnisauffassung....
Vor diesem Hintergrund ist der Vergleich des Brustbildnisses mit der Wellington-Studie aufschlußreich. Obwohl die gegenständlichen Unterschiede zwischen den beiden Bildnissen minimal sind (im Brustbildnis fehlt die zweite Warze über der linken Augenbraue, in der Kopfstudie Wellington ist der Kontur des camauro mehr eckig als rund), sind die Differenzen im Ausdruck unübersehbar. Erscheint der Papst in der Wellington-Studie als selbstbewußte und energische Persönlichkeit, so besitzt er im Brustbildnis eine etwas verträumte und weiche Ausstrahlung. ... Das Brustbild eröffnet auf jeden Fall eine neue Perspektive auf diesen wichtigen Auftrag, der Mengs als jungen und konvertierten Nichtrömer in die exklusive Lage versetzte, das öffentliche Bild des neuen Papstes gestalten zu dürfen. Von den drei Varianten, die aus diesem Auftrag hervorgingen, über dessen anekdotische Begleitumstände die Biographen berichten (siehe Steffi Roettgen, Anton Raphael Mengs 1728-1779 and his British Patrons (Exhibition Catalogue English Heritage, Kenwood), London 1993, Kat. Nr. 5 (pp. 56-57)), gewährt das Brustbildnis den intimsten und menschlichsten Blick auf den Pontifex maximus.“ (vgl. Gutachten Dr. Steffi Roettgen, Florenz, 4. September 2011)