Auction House

Auction: 19th Century Paintings

23. April 2013, 6:00 pm

Object overview
Object

0001

Emil Jakob Schindler

(Wien 1842 - 1892 Westerland)

„Scirocco im Anzug“
um 1891
Öl auf Holz
68 × 103 cm

Estimate: € 50.000 - 100.000
Result: € 256.000 (incl. fees)
Auction is closed.

Emil Jakob Schindler
(Wien 1842 - 1892 Westerland)

Scirocco im Anzug
Öl auf Holz; 68 x 103 cm
Signiert und datiert links unten: Schindler (1)891
Provenienz: Dr. Josef Blauhorn, Wien, 1939 enteignet; nach dem 2. WK Kunsthandel Wien; ab ca. 1970 Privatbesitz, Wien
Literatur: vgl. Heinrich Fuchs, Emil Jakob Schindler, Wien 1970, Abb. S. 286, WV-Nr. 777

Um 1850 gelangten die Einflüsse des Pleinair der "Schule von Barbizon" nach Österreich. Für Emil Jakob Schindler und seinen Kreis waren sie die Bestätigung in ihrer Hinwendung zur Freilichtmalerei, auch wenn ihre Bilder in den Reihen der akademischen Kollegen und Kritiker vorerst auf harte Ablehnung stießen. Dieser Kreis, Emil Jakob Schindler begegnete an der Wiener Akademie Eugen Jettel, Rudolf Ribarz und Robert Russ, frönte in der näheren Umgebung Wiens seiner Begeisterung für die Natur; hier fand er alles, was er suchte: Nebel und Wasserdunst, jähe Sonnenblitze, das erste Grün, das herbstliche Rot und Braun.
Doch der Erfolg stellte sich nur langsam ein, ab 1881 ging es aber endlich bergauf. Schindler war zum Lehrer wie geschaffen, und bald band sich ein Kreis von Freunden und Schülern an ihn: Tina Blau, Marie Egner, Olga Wisinger-Florian und Carl Moll, der mehr als zehn Jahre an der Seite Schindlers verbrachte und nach dessen Tod die Witwe heiratete. Für sie alle war Schindler Leitfigur, Lehrer und Freund, aber vor allem erste künstlerische Instanz. Ab 1885 lebte Schindler in Schloss Plankenberg, auf halbem Weg zwischen Neulengbach und Tulln. Die idyllische Umgebung bot ihm zahlreiche Motive für seine Bilder. Studienreisen führten ihn aber auch nach Holland, Venedig, Frankreich, und nicht zuletzt nach Dalmatien.

Seine erste Reise nach Dalmatien unternahm Schindler bereits 1874, dieser Aufenthalt wurde von seinem Mäzen Baron F. Leitenberger finanziert. 1887 führte ihn eine Studienreise, begleitet von seiner gesamten Familie und seinem Schüler Carl Moll, wieder nach Dalmatien, wo er den Winter 1887/88 in Ragusa (Dubrovnik) verbrachte. Finanziell unterstütz wurde die Reise vom Bankier und Sammler H. Horawitz, der ein Bild aus dem Süden bestellte und im Voraus bezahlte. Von Triest ging es per Küstendampfer vier Tage und vier Nächte lang nach Ragusa. Wo der Dampfer anlegte wurden Städte und Orte mit ihren Kunstschätzen besichtigt. Schindlers Wohnhaus in Ragusa stand unmittelbar am Rande der Klippen, an denen bei schwerem Scirocco die Wellen brachen und die Gischt haushoch emporschleuderte. Am 20. November 1887 malte Schindler die erste Studie, die das tosende Meer zeigte, und schenkte diese seiner Gattin zum Geburtstag. In der Folge entstanden "Brandung bei Scirocco vor Ragusa", 1889 (Schindler, Belvedere 2012, Abb. S. 99) und unser Gemälde, welches mit 1891 datiert ist. (Vgl. Fuchs, S. 31)

Dass wir dieses Kunstwerk versteigern dürfen, beruht auf einer privatrechtlichen Restitution, die zwischen dem gegenwärtigen Eigentümer und den Erben des früheren Eigentümers, dem das Kunstwerk während des nationalsozialistischen Regimes geraubt worden war, vereinbart worden ist: Das Gemälde gehörte dem Kunstsammler Dr. Josef Blauhorn, es ist im Jahr 1939, als er vor den Nationalsozialisten geflohen ist, beschlagnahmt und enteignet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte es auf ungeklärte Weise in den Wiener Kunsthandel, wo es der gegenwärtige Eigentümer etwa 1970 bei einem angesehenen Kunsthändler erworben hat. Über die fragwürdige Vorgeschichte wusste er nichts. Unsere (Provenienz)Recherchen haben einige Zeit vor der Auktion zutage gebracht, dass das Kunstwerk seinem früheren Eigentümer rechtswidrig entzogen worden war. Daraufhin setzten wir uns im Auftrag des Eigentümers mit den Erben des Dr. Blauhorn in Verbindung und schlugen eine einvernehmliche Lösung vor. Zwischen den Erben und dem Einbringer ist schließlich eine ziemlich ungewöhnliche Form der Naturalrestitution vereinbart worden. Ungewöhnlich, weil weder der Einbringer, noch die Erben des früheren Eigentümers die mit einer Versteigerung nun einmal verbundenen Risken einer erfolglosen Auktion oder eines zu billigen Zuschlages auf sich nehmen wollten. Gelöst haben wir dieses Problem schließlich dadurch, dass wir die Garantie für ein bestimmtes (Mindest)Ergebnis übernommen haben und der Einbringer diese Garantiesumme den Erben überlassen hat.
Eine „faire und gerechte“ Lösung im Sinne der Washingtoner Deklaration, die beispielhaft für künftige Restitutionsfälle sein könnte.