Auktionshaus

Das Ende einer Ära: Geschäftsauflösung Wolfdietrich Hassfurther

07.10.2024 / Auktion am 6. November im Palais Kinsky

Wolfdietrich Hassfurther war als Antiquar, Galerist und Auktionator über ein halbes Jahrhundert hinweg eine der allseits bekannten Persönlichkeiten des Wiener Kunsthandels – ein streitbarer Einzelkämpfer, getrieben von einer unermüdlichen Freude bei der Jagd auf herausragende Kunstwerke sowie einer perfektionistischen Akribie beim Aufspüren bedeutender historischer Druck- und Schriftzeugnisse.

Seine erste große Auktion hielt der gelernte Antiquariatsbuchhändler bereits 1976 ab. Bis 2022 folgten zumeist im heute bekannten Geschäftslokal in der Hohenstaufengasse im Herzen Wiens zahlreiche Versteigerungen und Verkaufsausstellungen. Er erweiterte dabei kontinuierlich sein Angebot von klassischen Antiquariatsobjekten bis hin zu Grafiken, Gemälden und Skulpturen aller Epochen.

Geboren 1941, besuchte Wolfdietrich Hassfurther das Amerling-Gymnasium im VI. Wiener Gemeindebezirk. Nach der Matura 1962 sollte er auf Wunsch des Vaters Jurist werden und studierte zwei Semester Rechtswissenschaften. Wenig Freude daran, entschied er sich schließlich seinem Interesse an Literatur, Kunst und Musik nachzugehen – eine Passion, die den Grundstein für den weiteren Lebenslauf legen sollte: So absolvierte er 1964 bis 1966 zunächst seine Ausbildung beim Kunstverlag Wolfrum und fand eine erste Anstellung im bekannten Musikantiquariat und Verlag Hans Schneider (Tutzing, Deutschland). Wohl schon damals die eigene Selbständigkeit im Hinterkopf, nahm er folgend auch mutig eine finanziell lohnende Anstellung in einer Druckerei im fernen Finnland an. Bereits im August 1969 erhielt er vom „Amt der Wiener Landesregierung“ die Konzessionsurkunde für einen „Antiquariatsbuchhandel mit Ausschluss des offenen Ladengeschäfts“ und 1970 die Bewilligung für den Handel im „Kellermagazin“ der Wipplingerstraße 32, 1010 Wien, dem ersten Geschäftsstandort. Kurz darauf bezog er das Geschäftslokal am Börseplatz 7, den Eingang teilend mit dem damals dort ebenfalls ansässigen experimentellen „Theater der Komödianten“.

1977 erfolgte die Verlegung des Standorts in die Hohenstaufengasse 7. Bevor er jedoch auch hier konzessioniert ab 1979 seine regelmäßig stattfindenden Versteigerungen abhalten konnte, erlangte bereits 1976 die erste große, über 3500 Positionen umfassende Auktion im Hotel Hilton die Aufmerksamkeit des Wiener Kunst-Publikums. Wolfdietrich Hassfurther widmete sich fortan auch der österreichischen Moderne und stellte bereits früh Künstler wie Alfons Walde, Josef Floch oder Franz Sedlacek durch gezielte Verkaufsausstellungen und Publikationen in den Fokus.

Zu Beginn der 1990er Jahre führte er des Weiteren eine Filiale im berühmten Loos-Haus am Michaelerplatz, aber hielt auch Ausstellungen und Auktionen an für die Öffentlichkeit markanten Orten in Wien ab – beispielsweise „Österreichische Kunst 1880-1945“ (1979) in der Wiener Secession, „Alfons Walde, Klimt, Schiele, Egger-Lienz, …“ (1991) im Café Griensteidl oder „Wotruba - Schüler, Freunde, Zeitgenossen“ (1995), wobei die großformatigen Skulpturen im Inneren Burghof der Hofburg ausgestellt waren.

Neben dem zunehmenden Engagement für zeitgenössische Künstler, z.B. des Phantastischen Realismus, blieb Wolfdietrich Hassfurther jedoch immer seiner ursprünglichen Leidenschaft treu: Er hielt mehrere Spezialauktionen ab, unter anderem zum „Haus Habsburg“ (z.B. 1988 & 1996), Rudolf von Alt (1991) oder „Erzherzog Johann – Die Kammermaler“ (1996). Zudem bot er stets ausgewählte Autographen, Bücher und Druckgrafiken in seinen Versteigerungen an, oder vermittelte diese direkt an staatliche sowie private Institutionen, Bibliotheken und Archive. Von dem nach Jahrzehnten immer noch vorhandenen, ungebändigten Ehrgeiz und Elan zeugen die Interview-Überschrift in einem Kunstmagazin 2016: „So jung habe ich mich noch nie gefühlt“ (Kunstinvestor, Ausgabe Juni 2016) und die erst 2019 verliehene Auszeichnung des „viennaARTaward“ in der Kategorie „Klassischer Kunsthändler“.

Aus Altersgründen endet nun die Ära dieser Wiener Kunsthandels-Institution und das Auktionshaus im Kinsky wurde damit beauftragt die noch vorhandenen Geschäftsbestände zu versteigern. Die angebotenen Objekte spiegeln das breite Spektrum wider, mit dem Wolfdietrich Hassfurther zeitlebens gehandelt und sich intensiv beschäftigt hat.

Im ersten Katalog finden sich neben Antiquitäten und Jugendstilobjekten, Kunstwerke, die sich von altmeisterlichen Gemälden und Werken des 19. Jahrhunderts bis zur österreichischen Klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst spannen. Hervorzuheben sind hier beispielsweise eine Sammlung historischer Volkstrachten-Zeichnungen und österreichischer Veduten ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, sowie zahlreiche Werke der sogenannten „Kammermaler“ um Erzherzog Johann und die wohl größte jemals angebotene Sammlung von aquarellierten Originalzeichnungen des Wiener Karikaturisten Anton Elfinger, genannt „Cajetan“, welcher mit seinen satirischen Illustrationen um 1840/50 die Leser der ‚Wiener Theaterzeitung‘ erheiterte und gesellschaftskritisch unterhielt.

Bei der Kunst des 20. Jahrhunderts ist besonders die große Gruppe von Zeichnungen des Vorarlbergers Rudolf Wacker hervorzuheben, einem jener Künstler, die zum ständigen Repertoire Wolfdietrich Hassfurthers gehörten, genauso wie die zahlreichen weiteren grafischen Werke großer Namen der österreichischen Klassischen Moderne und zeitgenössischen Kunst von Klimt, Sedlacek und Oppenheimer bis hin zu Brauer, Rainer, und Hrdlicka. Um allen Sammlern und Kennern einen kleinen Ausblick in die Zukunft zu geben, kann jetzt schon angekündigt werden, dass die zahlreichen antiquarischen Objekte – vornehmlich Autographen, Bücher und Druckgrafik aus den Themenbereichen Musik, Literatur, Theater und Kaiserhaus – aus dem über 50 Jahre aufgebauten Geschäftsbestand in weiteren Versteigerungen 2025 im Auktionshaus im Kinsky angeboten werden.