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Waldmüllers frühes Meisterwerk

07.12.2020 / Gemälde des 19. Jahrhunderts

„Die hohe Qualität der Malerei fesselte mich sofort. Der feine Pinselstrich und die Wiedergabe der unterschiedlichen Stofflichkeiten, die Waldmüller so perfekt beherrschte, faszinierten mich auf Anhieb, ebenso das porträthafte der Gesichter, es handelt sich nicht um ‚Typen‘ sondern um Menschen aus Fleisch und Blut, die der Künstler sehr individuell zu gestalten wusste.“
(Mag. Monika Schweighofer)

Waldmüller Malerei

Tiroler Jäger in Waldmüllers Werk

Ähnlich einem Helden steht er da, der Jäger mit dem Morgentrunk, breitbeinig und stolz. Sein Blick jedoch ist nach unten gerichtet und ruht auf dem Gesicht seines Begleiters. Dies schwächt den Eindruck des Heroischen wiederum ab und unterstreicht die Interaktion zwischen den Beiden. Der stehende Waidmann reicht seinem Kameraden, der auf einem Felsen Platz genommen hat, ein metallenes Gefäß, gefüllt ist es wohl mit einem hochprozentigen Getränk.

In der unteren rechten Ecke, zu Füßen des sitzenden Jägers, ziehen die erlegten Tiere den Blick des Betrachters auf sich. Es handelt sich um die Beute der heutigen Jagd, ein Hase und eine Gams. Ihr Fell ist so realistisch dargestellt, dass man es berühren möchte. Ein Hinweis auf seinen hohen Anspruch an sich selbst und sein Studium der Natur, die seine Größte Lehrmeisterin wurde.

Waldmüller Malerei

Wie darf man sich diese Naturstudie vorstellen? Wie wurde diese angenommen?

Monika Schweighofer: Er fertigte Bleistiftskizzen in seinen Zeichenbüchern an. Auch kleine Ölskizzen auf Papier sind oft vor Ort entstanden, diese dienten als Vorlagen für die im Atelier ausgeführten Gemälde. Waldmüller war viel unterwegs, immer auf der Suche nach spannenden Motiven, betrieb er ständig Naturstudien und versuchte so vor allem auch das Sonnenlicht darzustellen. Dies war zu seiner Zeit äußerst „revolutionär“ und modern. Nicht viele seiner Künstlerkollegen brachten dafür Verständnis auf.

Waldmüller forderte auch das Studium vor der Natur für die Schüler der Akademie, zu deren Professor er im Entstehungsjahr unseres Bildes berufen wurde. Gerade auf der Akademie eckte er mit seinen Vorstellungen bei den anderen Professoren an, war zu dieser Zeit für Studenten doch das Kopieren von Gemälden Alter Meister und von Gipsmodellen die gängige Praxis.

Waldmüllers künstlerisches Genie

Hinterfangen wird die Szenerie vom aus dem Tal aufsteigenden Nebel. Von ihrem Rastplatz aus, halb verdeckt von den Nebelschwaden, überblickt man ein bewaldetes Tal, dahinter erheben sich schroffe, schneebedeckte Gipfel, die beinahe den gesamten Hintergrund einnehmen.

Waldmüller stellt in seiner einzigartigen Manier zwei Tiroler in der traditionellen Tracht der Schützen dar. In der Literatur werden sie auch als „Passeier“ betitelt. Das Passeiertal liegt in Südtirol und war die Heimat des Tiroler Freiheitskämpfers Andreas Hofer.

Wie kann man sich dieses Motiv erklären? Warum Tirol?

MS: Waldmüller reiste viel, nach Tirol führte es ihn jedoch erst im Jahr 1830. Auf seinen Reisen suchte er in erster Linie pittoreske Landschaften. Auch das Leben der Landbevölkerung faszinierte ihn. Motive aus Tirol sind jedoch nicht viele bekannt und machen unser Gemälde daher zu etwas Besonderem im Oeuvre des Künstlers.

Freiheit und Unabhängigkeit sind Metaphern sowohl für die Jagd wie auch für die Schützen. Ein möglicher Verweis Waldmüllers auf den Tiroler Freiheitskampfs von 1809 ist nur eine Vermutung.  Jedoch die Treue und Verbundenheit der Schützen zum Haus Habsburg mag möglicherweise mit ein Grund für den Ankauf durch das Kaiserhaus sein.

So scheint es nicht verwunderlich, dass Ferdinand Georg Waldmüller ein Motiv aufgriff, welches durchaus einige Interpretationsmöglichkeiten offenlässt. War er doch auch bekannt als unkonventioneller, streitbarer Charakter, der seinen Prinzipien immer treu blieb und auf „moderne“ Art und Weise, seiner Zeit weit voraus, Meisterwerke schuf, die auch in der Gegenwart nichts an ihrer Faszination eingebüßt haben.

Wie kommt es nun dazu, dass dieses Werk unseren Kundinnen und Kunden präsentiert werden kann? Steckt hier eine Geschichte dahinter?

MS: Das Gemälde hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Bereits 1848 befand es sich im Besitz des Kaiserhauses. Nach dem 1. Weltkrieg wurde es von der Österreichischen Galerie übernommen und 1924 im Tausch abgegeben. Durch den Kunsthandel gelangte es in die Sammlung von Dr. Ludwig Wodicka. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde dieser aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgt und seine Kunstsammlung beschlagnahmt. Vorliegendes Gemälde war für das Führermuseum in Linz vorgesehen. Nach dem Krieg wurde es an Ludwig Wodicka restituiert und gelangte durch Verkauf wieder in eine prominente österreichische Privatsammlung, und zwar in jene von Dr. Karl Ruhmann. In den 1980er Jahren wurde es abermals am Kunstmarkt angeboten und vom vorletzten Besitzer in einer Wiener Galerie erstanden. Dieser vererbte das Bild schließlich an den Einbringer.