Auktionshaus

Mario Dalpra über seine „Wesen“ und die Freude am Leben

02.12.2021 / Ein Künstler im Interview

Der bekannte Vorarlberger Bildhauer Mario Dalpra ist mit drei Skulpturen in der Auktion der Zeitgenossen vertreten. Über seine „Wesen“ und die Freude am Leben sprach er mit Alexandra Markl.

AM: Ihre Skulptur „Der Überlastete Weise“ fällt auf den ersten Blick nicht nur durch seine starke Farbe, sondern auch durch seine äußere Glätte auf. Wie wichtig ist Ihnen die perfekte Oberfläche?

MD: Die Idee der Oberfläche beschäftigt mich.  Ich habe etwa mit der Haut ein Problem, weil ich mich als Kind einmal verbrannt habe - daher kommt bei mir das Bedürfnis nach der Ästhetik der Oberfläche. Ich versuche also, meine Arbeiten so perfekt wie möglich zu machen. Aber es passieren bei diesen handgemachten Werken leider immer kleine Unebenheiten. So sind diese Objekte für mich wie lebende Wesen, die eben kleine Fehler haben.

AM: Diesen Wesen geben Sie oft sehr spezielle Namen wie eben bei „Der Überlastete Weise“. Wie kommen Sie darauf?

MD: In der Pandemie habe ich die Serie „the overloaded people“ (die überlasteten Menschen) begonnen. Bei dieser Skulptur hier ist der Kopf riesig und schwer: positiv gesehen, ist er vollgeladen mit Ideen. Andererseits zeigt die Arbeit auch unsere Überlastung, zum Beispiel mit der Thematik um Corona. Da es gibt Menschen, die bereits psychologische Probleme bekommen – aber wie kommt man aus all dem heraus?

Mario Dalpra*
„Der Überlastete Weise“
2017
€ 5.000 - 10.000

AM: Geht es da nur um die Pandemie?

MD: Nein. Wir sind nicht nur von der Pandemie, sondern ganz allgemein überlastet. Es findet ein Paradigmenwechsel statt.  Und so viel stürmt auf uns ein, die Innovationen haben so zugenommen… Ich sehe es auch bei mir, man ist ständig gefordert, muss schnell agieren und abliefern.

AM: Hat sich da auch bei Ihnen ein Druck aufgebaut, schneller zu arbeiten?

MD: Arnulf Rainer sagte damals zu mir: Alle 4 Jahre eine Ausstellung genügt. Das ist aber heute unmöglich, da bist du gleich draußen aus dem Kunstbetrieb. Man muss immer gute Ideen haben, immer dabei sein. Daher ja, es gibt einen Druck, immer etwas Neues zu bieten.

AM: Wie reagieren Sie darauf?

MD: Ich habe versucht, immer wieder auf Distanz zu sein.  Heute allerdings tue ich mir mit dem System Kunstbetrieb leichter, weil die Galeristen meine Arbeit ernst nehmen und professionell agieren. (Lacht) Sie haben bemerkt, dass sich meine Arbeit gut verkauft!

AM: Dürfte man also sagen, dass Sie „kommerzielle“ Kunst machen?

MD: Was ist kommerzielle Kunst? Jeder bekannte Künstler ist kommerziell, er muss schließlich davon leben! Mir persönlich war immer der Begriff der Schönheit und Ästhetik wichtig. Man stellt sich deshalb ja nicht weniger der Welt und ihren Problemen! Wir setzen uns zu wenig mit dem Positiven und dem Schönen auseinander, schauen zu oft auf das Negative.

AM: Ihre Arbeiten sollen also Freude am Leben mitteilen?

MD: Ja! In der Kunst ist zwar ein Skandal immer gut, aber ich denke, man kann auch anders auf sich aufmerksam machen. Ich bin froh, dass ich Freude am Leben habe und diese Offenheit umsetzen kann. Etwa bei meiner Skulptur „Themis, die Zukunftsdeuterin“: Sie strahlt, sie wächst, sie öffnet sich.

Trotzdem findet in meiner Arbeit eine Auseinandersetzung mit dem Leben und dessen Problemen statt.

Mario Dalpra*
„Themis die Zukunftsdeuterin“
2016
€ 9.000 - 18.000

AM: Wie entstehen Ihre glänzenden Skulpturen?

MD: Ich habe neue Technik mit Styropor und Wachs; da kann ich organische Formen besser umsetzen. 

Aus dem Styropor schnitze ich das Modell mit meinem Mitarbeiter, das dann mit Wachs bestrichen wird. In der Gießerei entsteht aus dem Modell eine Form, und daraus wiederum die Skulptur. Diese wird schließlich beschichtet, geschliffen und lackiert. 

AM: Wie suchen Sie die Farben aus?

MD: Das Ist Kopfarbeit: Warum ist eine Skulptur pink und die andere blau? Ich lege sehr viele Farben auf den Boden und suche langsam aus. Ich merke, dass sehr viel intensive Farben dabei sind… Farben auszusuchen, das ist schwierig.

AM: Sie sind ja sehr viel gereist. Welche Rolle spielt das für Ihr Werk?

Ich bin froh, dass ich so viele Eindrücke sammeln konnte. Meine Arbeit ist ja nicht rein konzeptuell, sondern intuitiv, und da fließen eben alle visuellen Erfahrungen hinein, die ich gemacht habe. In dreißig Jahren Reisen habe ich mir quasi einen Fundus geschaffen. Den kann ich jetzt ein bisschen aufarbeiten, mich an Geschichten erinnern.