Auktionshaus

Interview Claudia Mörth-Gasser und Barbara Berger

10.12.2020 / Klassische Moderne

In der großen Weihnachtsauktion ist das im Kinsky stolz darauf, wieder einige Werke des bedeutenden Kärntner Künstlers Werner Berg anbieten zu können. Die beiden Expertinnen Claudia Mörth-Gasser und Barbara Berger aus der Sparte Klassische Moderne geben hier einen Einblick in das Leben und Werk des Künstlers.

Interview Claudia Mörth-Gasser und Barbara Berger

Welches ist Ihr Lieblingsbild?

CMG: Ich finde das große Landschaftsbild „Obir“ besonders beeindruckend.

Das in seinen Farben wunderschön abgestimmte Bild zeigt ein Motiv, das Werner Berg ein Leben lang begleitete: zwei Kirschbäume vor der hoch aufragenden Silhouette eines Bergmassivs, des „Obir“. Fest verwurzelt, mit ineinander verwachsenen Ästen stand das Kirschbaumpaar an einem Weg, der vom Tal zum Rutarhof führte. Die tiefe Symbolik dieser beiden Bäume verband der Maler mit seiner eigenen Lebenssituation. Sie tauchen immer wieder in seinen Bildern auf – und werden mit ihrem verworrenen Astwerk zur wichtigen Metapher für Lebenslagen.

Interview Claudia Mörth-Gasser und Barbara Berger

BB: Mich beeindruckt besonders das Bildnis „Mauki mit Phlox“.

Das verschollen geglaubte Porträt aus dem Jahr 1935 wurde bereits 1936 vom Schwiegervater der gegenwärtigen Eigentümerin direkt beim Künstler erworben und befand sich seither in deutschem Privatbesitz. Es zeigt Werner Bergs Frau, Amalie „Mauki“ Kuster, die der Künstler bereits zu Beginn seines Studiums in Wien 1924 kennengelernt hatte und im Jahr 1930 heiratete. Mauki, ebenfalls promovierte Staatswissenschafterin, unterstützte zeitlebens den tiefen, drängenden Wunsch Werner Bergs, Maler zu werden. Mit ihm lebte sie das ursprüngliche, bäuerliche Leben auf dem Rutarhof, das dem Maler zeitlebens als Inspirationsquelle für seine Werke dienen sollte.

Interview Claudia Mörth-Gasser und Barbara Berger

Nun wurde der Rutarhof bereits öfter erwähnt – wie kann man sich das Leben dort vorstellen?

CMG: Werner Berg hatte den Rutarhof 1931 erworben. In der städtischen Gesellschaft sah er sich immer mehr einer Distanz und allgemeinen Entfremdung gegenüber, daher zog er sich zurück und entschied sich, als Bauer und Maler ein bewusst einfaches Leben zu führen. Fernab von kulturellen Zwängen versuchte er, das bäuerliche Leben und sein künstlerisches Schaffen miteinander zu verbinden. Sein Atelier befand sich über einem alten Schafstall.

Der Rutarhof war ein Ort, wo es zu einem sehr unkonventionellen Zusammenspiel von Kunst und bäuerlicher Lebenskultur kam. Hier entstanden Bilder eines Einzelgängers, der ein singuläres Oeuvre von hohem künstlerischem Rang hinterließ.

Warum wird dieses Oeuvre mittlerweile immer stärker nachgefragt?

CMG: Bilder von Werner Berg sind bei unseren Auktionen so gut wie immer ein Garant für schöne Preissteigerungen und gute Ergebnisse. Ein Aufwärtstrend ist auch weiterhin zu erwarten.

Ich denke, das spiegelt zum einen unseren Zeitgeist wider. Zum anderen steht bei Werner Berg hinter der guten Marktentwicklung eine hervorragende, kontinuierliche Werkpflege dank des Engagements von Harald Scheicher, dem Enkel des Künstlers und Verwalter des künstlerischen Nachlasses. Wichtig ist nicht zuletzt, dass im Werner Berg Museum in Bleiburg wechselnde Ausstellungen zu sehen sind, wo das künstlerische Schaffen Werner Bergs auch in einen internationalen Kontext gesetzt wird.

Apropos international: Ein finnisches Motiv findet sich ja in dem Bild „Spätsommer“. Wie ist das zu erklären?

BB: Werner Berg wurde 1942 als „Kriegsmaler“ nach Skandinavien, Finnland und Norwegen, abkommandiert. Bis 1945 hält er in rund einhundert Arbeiten, überwiegend auf Papier, seine Eindrücke der fremden Landschaften und Menschen fest. Erst im Spätherbst 1945 konnte Werner Berg auf den Rutarhof zurückkehren. Diese in den Kriegsjahren entstandenen Arbeiten mit ihrer realistischen, dokumentierenden Wiedergabe der Landschaft sind als eigener Werkblock zu betrachten – dem das Museum bereits eine eigene Ausstellung widmete.

Zu dem Bild „Schneerosen“ – sind Blumenbilder nicht eher untypisch für Werner Berg?

BB: Keineswegs! In den letzten Jahren war der Maler nicht nur mit seinen Landschaften und Figurenbildern, sondern auch immer wieder mit seinen Blumendarstellungen auf dem Auktionsmarkt vertreten. Wie Harald Scheicher zu dem Gemälde „Schneerosen“ anmerkt, handelt es sich hier nicht einfach nur um ein Motiv aus der vertrauten Umgebung des Rutarhofes –die blühenden Rosen sind auch als Zeichen des Neubeginns zu verstehen. Bergs Werk wurde 1935 im Zuge der Wanderausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt und zum Teil auch vernichtet. Zurückgezogen auf seinem Hof, verarbeitete der Maler das Erlebte und bemühte sich um Zuversicht auf einen Neubeginn.