Auktionshaus

Die Geschäftsführer Dr. Ernst Ploil und Michael Kovacek ziehen Bilanz

22.12.2021 / Das Auktionshaus im Kinsky 2021

Sebastian Vrancx zugeschrieben 
Winter-Karneval mit Eisläufern vor der Kipdorppoort Bastion in Antwerpen, um 1620

€ 422.500

Entdeckungen

Stolz sind die beiden Geschäftsführer in diesem Jahr besonders auf bemerkenswerte Entdeckungen, die sie in Verlassenschaften gemacht haben.

Michael Kovacek betont: „Oft erkennen wir in Erbschaften Dinge, von denen die Erben nicht einmal ahnen, was sie wert sind! Wir aber bewerten diese Objekte marktkonform und können so unerwartete Erfolge für die Erben erzielen.“

Drei Beispiele aus der vergangenen Auktion illustrieren diese Expertise im Kinsky. So wurde etwa ein Gemälde von Sebastian Vrancx in einer Wohnung entdeckt; den Erben war nicht bewusst, welch wertvolles Stück sie besaßen. Das imKinsky bewertete das Gemälde in der Auktion hoch mit 100.000 Euro, es erzielte jedoch weit darüberhinausgehende 422.500 Euro.

Dr. Ernst Ploil führt aus: „Das ist eben der Vorteil, den ein Auktionshaus bieten kann. Wir helfen nicht nur, versteckte Schätze zu identifizieren, bei uns kommt der Vorteil der Entdeckung ausschließlich dem Eigentümer zugute, der diesen Mehrwert kassieren kann.“

Fürst von Schwarzburg-Rudolstadt Altar des "Schwarzaer Meisters"
Saalfelder Schule, 1479
377 x 143 x 24 cm
€ 640.000

Dies war auch bei dem Altar des Schwarzaer Meisters der Fall. Kovacek erzählt: „Das ist eine kunsthistorische Sensation! Wir haben den Altar um 250.000 geschätzt, jedoch um 640.000 Euro verkauft!“

Der Altar wäre nicht ins Kinsky gekommen, wenn die Besitzer dem Haus nicht persönlich vertraut gewesen wären und aufgrund juristischer Beratung bereits mit ihm gearbeitet hätten.

Die letzte Entdeckung fällt – ganz aktuell – mit der Josef Hoffmann Ausstellung im MAK zusammen. Kovacek erzählt: „Dazu haben wir eine Uhr in einem Nachlass entdeckt; die Erben wussten nichts von ihrem Wert. Wir bewerteten sie hoch, aber konnten sie um noch vieles höher versteigern. Es gab ein heftiges Bietgefecht – mit internationalen Interessenten.“

Carl Spitzweg
"Erfahrungen eines älteren Mannes" (vier Rundmedaillons), 1837
€ 115.500

Einschränkungen

Jedoch stand auch das Auktionshaus - wie jeder Betrieb - durch die Pandemie vor großen Herausforderungen. Dazu sagt Kovacek: „Wir sind trotz der unglaublichen Widrigkeiten recht gut über die Runden gekommen, es war insgesamt kein schlechtes Jahr. Die Zeitgenossen sind wie erhofft sehr gut gegangen.“

Ploil bestätigt: „Wir haben durch eine Reihe von internen Maßnahmen die Erschwernisse des Jahres gut bewältigt. Dazu gehörten personelle Änderungen, zusätzliches Gewicht auf online bidding, und weitere Digitalisierung. Wir haben keine Kurzarbeit einführen müssen, konnten alle Löhne zahlen konnten und haben sogar personell aufgestockt. So konnten wir uns gut positionieren.“

Josef Hoffmann
Uhr
€ 115.500

Durch die Covid-19-Beschränkungen war das Kerngeschäft eines Auktionshauses eingeschränkt: nämlich die Auktion selbst, das Mitsteigern in einem vollen Saal. Es fehlten die Aufregung, die Bieterkonkurrenz hervorruft, das Mitfiebern und der Applaus, wenn der Hammer fällt.

Kovacek bedauert, dass nicht mehr Leute anwesend sein konnten: „Das ist wirklich ein Negativum!“. Zwar gleiche das online Bidding die Bieterpräsenz zahlenmäßig aus, doch: „es kann das Live-Erlebnis im Auktionshaus nie ersetzen.“

Um in einem fast leeren Auktionssaal zu arbeiten, müsse man, so Kovacek,“ fast schon die Schauspielschule besucht haben, um eine Auktion gut über die Bühne zu bringen!“

Ein weiteres der Pandemie geschuldetes Problem war die erschwerte Möglichkeit der Besichtigung der Schaustellung. Auf Kunden aus dem Ausland oder den Bundesländern traf dies in gesteigertem Maße zu. Dank der der jahrelangen Arbeit mit Kunst und mit Kunstpublikationen genießt das Haus jedoch das Vertrauen der Kunden. So haben diese trotz dieser fehlender Möglichkeiten der Besichtigung intensiv gekauft.

Martha Jungwirth* 
o.T., 2011
Öl auf Leinwand; gerahmt
130 x 95 cm
€ 197.000

Neues Publikum & Investitionen

Das Auktionshaus bemerkte heuer auch eine erfreuliche Zunahme an jüngerem Publikum. In einer Lebensphase angekommen, in der man sich beruflich situiert hat, möchten kunstaffine Kunden ihr Heim mit Kunst bestücken. Kovacek stellt im Vergleich mit vor vierzig bis fünfzig Jahren eine starke Zunahme an dieser kunstinteressierten jüngeren Klientel fest.

Er überlegt: „Das liegt sicher an der zugenommenen Bildung, an den Museen, an den großen Ausstellungen, an der weltweiten Sammlertätigkeit. 

Ploil stimmt ein: „Kunst hat etwa Autos oder Juwelen als sichtbares Statussymbol abgelöst. Und dazu kommt die allgemeine Unsicherheit und das Misstrauen am Markt, der Zweifel über die Stabilität von Geld.“ Gekoppelt mit dem Vorhandensein von viel Kapital kommt es zu einer Flucht in Sachwerte.

Auch die Kunden des Hauses profitierten: „Unser Schwergewicht liegt auf österreichischer Kunst. Bei uns sieht man also gut, dass Investition in Kunst sich lohnt. Denn die gleiche Kunst, die wir vor 20 Jahren versteigert haben, erzielt heute ungleich höhere Preise“, erklärt Kovacek.

Alfons Walde* 
Kirchenstiege, um 1922
Öltempera auf Karton
70 x 75,5 cm
€ 636.000

Umsätze

Die Pandemie hat selbstverständlich auch im Kinsky ihre Spuren hinterlassen. Ploil erklärt: „So konnten wir unsere besten Ergebnisse der Vor-Pandemie Zeit nicht erreichen, aber dennoch kamen wir auf einen Umsatz von 25 Millionen Euro.“

In der Klassischen Moderne wurden fast 70% der Exponate verkauft.

Insgesamt ist die Umsatzverteilung auf die Sparten umgelegt annähernd gleichgeblieben. Das bedeutet im Kinsky: Die Gemälde des 19. Jahrhunderts, die Antiquitäten, die Alten Meister und der Jugendstil erzielen mehr oder weniger ähnliche Ergebnisse. Die zeitgenössische Kunst und die Klassische Moderne jedoch rittern auf weit höherem Niveau um den ersten Platz. Heuer war es zwischen diesen beiden Sparten allerdings insgesamt unentschieden; beide waren sehr stark. (Alexandra Markl)