Auktionshaus

Afrikanische Stadt

12.04.2021 / Norbertine Bresslern-Roth

Das Auktionshaus ist die erste Adresse für die Kunst der Grazerin, die aktuell auch in der Ausstellung „Ladies First“ gefeiert wird.

Selbstbewusst verkündete ihr Atelierstempel das Prädikat „Tiermalerin“ - und wirklich war Norbertine Bresslern-Roth zu Lebzeiten auf diesem Gebiet führend.  Mit ihren Tierdarstellungen veranschaulichte sie die zeitlosen Themen vom Werden und Vergehen in der Natur, von Stärke und Verwundbarkeit.

Im Auktionshaus im Kinsky kommt nun am 4. Mai 2021 ein „außergewöhnlich schönes, marktfrisches Gemälde aus der früheren Schaffenszeit der Künstlerin“ unter den Hammer, so die Klassische Moderne-Expertin Claudia Mörth-Gasser.

1928 hatte die Malerin mit ihrem Mann Georg von Bresslern eine Reise nach Tripolis unternommen. Die beiden waren ein modernes Paar: Sie fungierte als Hauptverdienerin und er als ihr Unterstützer. Das war durchaus unüblich, emanzipierte Künstlerinnen wurden oft geringschätzig als „Malweiber“ tituliert.  Aber Bresslern-Roth, Mitglied des Women's International Art Club, war unbeirrt – und trug ihr Leben lang den Kurzhaarschnitt der modernen Frau aus den 20er-Jahren.

Die Reise nach Afrika jedenfalls muss die Malerin sehr beeindruckt haben, denn im selben Jahr entstand das großformatige Gemälde „Afrikanische Stadt“. Mörth-Gasser: „Sie hat vor Ort Skizzen angefertigt, das Ölbild entstand dann zu Hause im Atelier; dabei stützte sie sich auch auf Fotografien ihres Mannes.“

Norbertine Bresslern-Roth mit Zeichenblock, um 1930/32
Foto: Trude Fleischmann, abgebildet in: Kat. Neue Galerie Graz Universalmuseum Joanneum, Graz 2016, S. 190
Christa Steinle (Hg.), Norbertine Bresslern-Roth. Tiermalerin, Ausstellungskatalog Neue Galerie Graz Universalmuseum Joanneum, 26.10.2016–17.04.2017, Graz 2016

 

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In dieser Arbeit verbindet die Künstlerin ihre Liebe zur Tierwelt mit ihrem Interesse für das Orientalisch-Exotische – ein typisches Sujet der Zeit. „Interessant ist auch, dass die Künstlerin hier im wahrsten Sinne des Wortes die Vogelperspektive einnimmt“, erklärt die imKinsky Expertin. „Das ist ein Kunstgriff, dank dem wir mit ihr auf die Stadt hinabsehen können.“ Diese wird zu einer bloßen Kulisse für die Hauptakteure: die Kraniche im Vordergrund.

Die Szene kommt in Bresslern-Roths unverwechselbarem, einzigartigem Malstil zur Geltung, der das Dargestellte wie weichgezeichnet erscheinen lässt. Diese Technik garantiert den hohen Wiedererkennungswert der Künstlerin, die im letzten Jahrzehnt laut Expertin eine „immense Aufwertung“ am Markt erreicht hat. Dazu hat das Auktionshaus im Kinsky wesentlich beigetragen, wurde doch das bislang teuerste Bild der Künstlerin „Schneesturm“ dort im Jahr 2018 um € 328.500 versteigert. Auch Ausstellungen haben Bresslern-Roth in den Fokus gerückt. Nach der großen Personale 2017 präsentiert das Grazer Joanneum die Künstlerin derzeit wieder in „Ladies first“, zu sehen bis Mai 2021.

Dort kann man verfolgen, wie die Malerin nach ihrer Reise 1928 noch oft auf exotische Motive zurückgriff - wenn auch nur aus dem Gedächtnis und dank ihrer Skizzen, denn zu einer weiteren Fernreise kam es nicht mehr. Sie wusste sich jedoch zu helfen. In einem Interview im Jahr 1961 mit Trude Aldrian, der damaligen Leiterin der Neuen Galerie, erzählte sie: „Ich reise mit der Fantasie jetzt, das ist ein gutes Flugzeug.“

(Alexandra Markl)