Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

20. Juni 2024, 14:00 Uhr

5024

Martha Jungwirth*

(Wien 1940)

„o.T.“
1993
Aquarell auf Papier; gerahmt
70 x 98 cm
Signiert und datiert links unten: Martha Jungwirth 93

Provenienz

Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Meistbot: € 32.000
Auktion ist beendet.

Die Wiener Malerin und Grafikerin Martha Jungwirth zählt zu den bedeutendsten Gegenwartskünstlerinnen. Seit sechs Jahrzehnten ist die Grande Dame der österreichischen Moderne fest verankert in der heimischen Kunstszene. Jungwirth hatte Ausstellungen quer über den Globus von London über New York bis Seoul. 2024 präsentiert die 84-Jährige einen Querschnitt ihres Werks im Guggenheim Museum in Bilbao. Jungwirth wurde 1940 in Wien geboren. Sie studierte von 1956 bis 1963 bei Carl Unger an der Angewandten in Wien, wo sie von 1967 bis 1977 auch lehrte. 1968 war sie neben Wolfgang Herzig, Kurt Kocherscheidt, Peter Pongratz, Franz Ringel und Robert Zeppel-Sperl Mitbegründerin der Gruppe der „Wirklichkeiten“. Ein Jahr später heiratete sie den Kunsthistoriker und Museumsdirektor Alfred Schmeller, mit dem sie bis zu dessen Tod 1990 zusammenlebte. Jungwirth nahm im Laufe ihrer Karriere zahlreiche Kunstpreise entgegen, darunter den renommierten Oskar-Kokoschka-Preis 2018 und den Großen Österreichischer Staatspreis 2021 für ihr künstlerisch herausragendes Lebenswerk.

Jungwirth arbeitet an der Grenze von Abstraktion und Gegenständlichkeit. Ihre Bildsprache ist geprägt von einem expressiven, emotionalen und energiegeladenen Gestus. Man kann ihre Kunst als seismografischen Malprozess bezeichnen, der innere und äußere Impulse künstlerisch festhält. Bekannt wurde Jungwirth mit ihren großformatigen Aquarellen, die sie in den Sechzigern entwickelte. Die vorliegende Aquarellzeichnung von 1993 reiht sich in diese Tradition. Auch hier dominiert ein wilder und spontaner Duktus, der sich in Farbflecken und Farbstrichen zu einer abstrakten Komposition im leeren Raum aufbaut. Die transparente Farbe erzeugt eine gewisse Tiefendimension. Die impulsive Malweise zeugt vom Temperament der Künstlerin, die 1993 zeitgleich an ihrer großformatigen Aquarell-Serie Spittelauer Lände arbeitete. Über die Entstehung ihrer Aquarelle sagte Jungwirth einmal: „Als ich dann nicht mehr auf der Akademie war, habe ich die ersten großen Aquarelle gemalt, die eigentlich auf Anregung von Alfred Schmeller entstanden sind, der mir gesagt ‚Mach doch einmal was Großes‘. Und fürs Große war ich schon immer zu haben und so habe ich also damit begonnen.“ (Otto Breicha (Hg.), Wirklichkeiten. Aspekte einer Gruppierung, Ausst. Kat. Museum des 20. Jahrhunderts, Wien 01.07.–28.08.1988, Graz 1988, S. 60.)

(Stefan Üner)