Auktionshaus

Nachverkauf: Alte Meister

19. Juni 2024, 14:00 Uhr

3009

„Alttestamentarische Szene (wohl die Geschichte Rebekkas als Erzmutter und der Auszug der Stämme Israels)“
1. Hälfte 17. Jahrhundert
Öl auf Holz; gerahmt
44,5 x 65,5 cm
undeutlich monogrammiert links unten: (HVB) ?

Provenienz

Sammlung Carl Widakowich, Wien (1861-1932);
Gilhofer & Ranschburg Wien, Versteigerung der Sammlung Carl Widakowich, 23. November 1937, Nr. 48, Abb. Tafel 7 (als Frans Francken der Jüngere, Biblische Szene mit dem Auszug der Juden, Monogrammiert F.F.);
Wiener Privatbesitz

Limit: € 10.000 +Aufgeld +ggf. Folgerecht
Bei Geboten zum Limit fällt dieselbe Gebühr wie bei der Auktion an und ein Zuschlag kann sofort nach Bearbeitung erfolgen.Schätzpreis: € 10.000 - 20.000

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Das Gemälde ist in komplexer Verwebung mehrerer Szenen des Alten Testaments im Vorder- und Hintergrund als überlieferte Genealogie der Stämme Israels lesbar (1. Buch Mose (Genesis) 24–27). Es erzählt damit wohl die Geschichte von Rebekka, Gattin des Stammvaters Isaaks und Mutter der Zwillingsbrüder Esau, als Begründer des Volkes der Edomiter, und Jakob, aus dem als nachfolgender biblischer Stammvater die 12 Stämme Israels hervorgehen.
Den zentralen Mittelpunkt des Gemäldes bildet die sie umgebenden Tiere tränkende, direkt den Betrachter anblickende Frauenfigur – Rebekka. Der am linken Rand in leuchtend rotem Gewand und mit Wanderstock Dargestellte ist als Elieser zu identifizieren – der ausgeschickte Knecht des hochbetagten Abrahams auf der Suche nach einer Gattin für dessen Sohn Isaak. Der prominent am rechten Bildrand platzierte junge Mann mit Hunden ist damit möglicherweise als der auf seine Braut wartende Isaak zu deuten.
Die im Vordergrund dargestellte „Brautwahl“ ist somit die Präfiguration der weiteren biblischen Geschichte, welche figurenreich und kleinteilig im typisch blaugrünen Mittelgrund bzw. sich rechts öffnenden Hintergrund dargestellt wird. Der zukünftige Schwiegervater Abraham (oder Isaak, der Bräutigam selbst) nimmt, ihr die Hand reichend, freudig Rebekka nach ihrer weiten Reise auf einem Kamel in Empfang. Rechts daneben, als weiterer Zeitsprung, sind die beiden sich umarmenden Figuren als die aus dieser Verbindung hervorgehenden Zwillingssöhne, Jakob und Esau. Die Umarmung verkörpert dabei die Versöhnung (nach deren andauerndem Zwist um das Erstgeborenenrecht und den Verkauf dessen von Esau an Jakob für ein Linsengericht) als auch die damit verbundene Trennung der Zwillingsbrüder samt ihres Gefolges – dargestellt in den in zwei Richtung strömenden Menschen mit erhobenen Stöcken und ihren Tieren.

Die ikonographisch nur schwer zu deutende Komposition zeigt auch Verwandtschaft zur klassischen Darstellung der „Rahel am Brunnen“, jener Szene, in welcher Jakob, der Sohn Rebekkas, seine ebenfalls zu den Stammmüttern zählende Gattin Rahel im Land des Labans kennenlernt. Es sind auch Reminiszenzen an das im 17. Jahrhundert beliebte Motiv der „Melkmeisje“ (Milchmagd) erkennbar, welche vor allem durch Gemälde von Meistern aus den nördlichen Niederlanden als zentrales Bildthema dokumentiert sind.
Das reizvolle Gemälde besticht neben seinen mehrschichtigen Leseebenen vor allem durch die klassisch geschichtete und leuchtende Farbgebung in Braunrot-, Grün und Blautönen, die gekonnte Figurengestaltung und seinen genrehaften Detailreichtum. Hervorzuheben ist vor allem die meisterliche Wiedergabe der verschiedensten Tiere in ihrer Zeichnung und individueller Ausgestaltung.