Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

28. November 2013, 18:00 Uhr

0183

Olga Wisinger-Florian

(Wien 1844 - 1926 Grafenegg)

„Herbstliche Platanenallee im Schlosspark von Alcsuth/Ungarn“
1909/10
Öl auf Leinwand
147,5 × 255 cm
Signiert rechts unten: O. Wisinger Florian

Provenienz

Familie Kary, Wien; Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 147.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Das Motiv der herbstlichen Platanenallee im Schlosspark von Alcsuth hat seinen Ursprung im Jahre 1887. Am 24. Jänner besucht Baronin Boxberg das Atelier der Künstlerin. Als Hofdame der Erzherzogin Clothilde von Österreich, geborene Sachsen-Coburg und Gotha, lädt sie die Künstlerin nach Alcsuth, einer kleinen Gemeinde im damaligen Komitat Stuhlweißenburg südwestlich von Budapest in Ungarn ein, um den Töchtern des Hauses Zeichen– bzw. Malunterricht zu erteilen. Der Wichtigkeit dieses Kontaktes – aus dem sich bald eine enge Verbundenheit entwickelt – ist sich Olga Wisinger-Florian bewusst, wie die ins Tagebuch geschriebenen Worte: „Also doch! Victoria! Wohl nicht als Gast, wie ich gehofft, aber doch.“ belegen. Noch im Frühjahr 1887 reist Wisinger-Florian nach Fiume (heute Rijeka), wo das Erzherzogpaar seine Winterresidenz besitzt. Am 17. Oktober desselben Jahres stirbt Wisinger-Florians Mutter. Die geplante Reise nach Alcsuth, dem ordentlichen Wohnsitz des Erzherzog Josephs und seiner Familie wird verschoben und findet erst sieben Jahre später, im Herbst 1894 statt. Am 13. Oktober 1894 kommt die Künstlerin in Alcsuth an und malt während ihres Aufenthaltes etliche Skizzen der Platanenallee im Schlosspark. Die neu gewonnenen Motive fließen in ihre Arbeit ein. Immer wieder arbeitet sie an den „ungarischen Bildern“. Für ihre Ausstellung im Künstlerhaus im Jahr 1895 malt sie laut einer Tagebucheintragung vom 28. Oktober 1895 die Alcsuther Bilder fertig. Tatsächlich finden sich etliche Allee Bilder in der Ausstellungsliste. In dieser Zeit entwickelt sich die Allee zu einem Lieblingsmotiv der Künstlerin. In ihren Aufzeichnungen werden Akazien-, Birken-, Buchen- und Pappelalleen erwähnt. In den Jahren knapp vor und nach 1900 verwendet sie fast ausschließlich die Buchenallee bei Hartenstein als Motiv für die herbstlichen Allee-Bilder, doch den Ursprung dieses für die Künstlerin so wichtigen Motivs bildet die herbstliche Allee im Schlosspark von Alcsuth.

Daher ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Sie im Jahre 1909 noch einmal beschließt, die Platanenallee von Alcsuth zu malen. Das Format sollte größer sein als alle bisherigen Fassungen. Am 29. Dezember 1909 beginnt sie schließlich mit den Arbeiten an dem Bild: „große Leinwand für die Platanenallee bestellt und die Studie carriert. Platanenallee aus Alcsuth.“
Am 22. Februar des Folgejahres stellt sie das Bild fertig und signiert es. Sie bringt das Bild am 15. März 1910 ins Künstlerhaus, wo es zurückgewiesen wird. „Am 17. März mein Bild im Künstlerhaus angesehen: es hält wirklich nicht. Ich muss es überarbeiten.“ Ab dem 27. März macht sie das und zwar im Atelier eines befreundeten Malers, Carl Pippich. Am 3. April 1910 ist es dann endgültig fertig.

Es dauert ein Jahr bis es zur Geschäftsanbahnung kommt. Im Februar des Jahres 1911 überlegt eine gewisse Familie Kary einen Ankauf. Am 17. Februar 1911 stattet sie der Familie Kary einen Besuch ab. Am selben Tag schreibt Wisinger-Florian in ihr Tagebuch: “Allee passt großartig, aber sie will wenig zahlen.“ Die Verhandlungen beginnen. Am 18. Februar ruft Olga Wisinger-Florian die „junge Kary“ morgens an und bietet ihr das Bild um 8000 Kronen an. Das Geschäft wird abgeschlossen und am Samstag, den 18. Februar 1911 vermerkt Wisinger-Florian in ihr Tagebuch: “Endlich hat sie angenommen. Also Platanenallee verkauft und Ulmenallee bestellt!“
(Auszug aus dem Beitrag "Schluss-Steine. Zwei große Allee Bilder von Olga Wisinger-Florian" von Alexander Giese für das Journal im Kinsky, Nr. 3, Dezember 2013)