Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

20. Juni 2013, 16:00 Uhr

0081

Angelika Kauffmann

(Chur 1741 - 1807 Rom)

„Herman von Thusnelda“
Öl auf Leinwand
78,5 × 108,5 cm

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Auktion ist beendet.

Angelika Kauffmann Umkreis
(Chur 1741–1807 Rom)
Hermann von Thusnelda bekrönt
Öl auf Leinwand; 78,5 × 108,5 cm
Provenienz (laut Gutachten Dr. Bettina Baumgärtel und Angaben des Einbringers): Wien, Kunstakademie (nach einer Beschriftung einer Fotoreproduktion von 1927); wohl vor 1950 veräußert an eine Privatsammlung; ehem. Schloss Velden, Wörthersee in Kärnten; vom derzeitigen Besitzer um 2005/2006 direkt von Gunter Sachs erworben
Gutachten Dr. Bettina Baumgärtel, 18.8.2012, „Hermann von Thusnelda bekrönt“, Kopie von fremder Hand nach Angelika Kauffmann (1741–1807).

Dieses kürzlich wiederentdeckte und in der kunsthistorischen Forschung bislang unbekannte Werk ist in den nächsten Umkreis eines heute zerstörten Hauptwerkes Angelika Kauffmanns zu verorten. Die Künstlerin hatte im Jahre 1786 das monumentale Gemälde „Hermann von Thusnelda bekrönt“ für den Österreichischen Kaiser Joseph II. geschaffen, welches sich später im Kunsthistorischen Museum, Wien, befunden hatte (Angelika Kauffmann, Hermann von Thusnelda bekrönt, Öl auf Leinwand, 154 × 216 cm, signiert und datiert 1786). Das heute nur durch eine Schwarzweißfotografie und einen Nachstich überlieferte Werk, wurde 1944 ebenso wie sein Pendant „Pallas, Evanders Sohn von Turnus getötet“, auf Hitlers Order aus dem Kunsthistorischen Museum von Wien nach Berlin in die Reichskanzlei gebracht. Beide Werke verbrannten 1945 in Berlin.

Als literarische Grundlage für Angelika Kauffmann diente Friedrich Gottlieb Klopstocks „Hermanns Schlacht (1769)“ (in: Bardiete für die Schaubühne, 1769–1787, 11. Szene). Die in das Jahr 9 vor Christus zu datierende „Hermannsschlacht“ (Varusschlacht) verhinderte mit einem Sieg über die römischen Truppen ein weiteres Vordringen der Römer in Germanien. Dies war nur möglich da sich der eigentlich dem römischen Heer dienend Hermann der Etruskster (Arminus der Cheruskerfürst) mit den gegnerischen Germanenfürsten verbündete und das übermächtige römische Herr in einen Hinterhalt im Teutoburger Wald lockte. Das Gemälde zeigt Thusnelda dem siegreichen Arminius einen Kranz zur Bekrönung reichend, während dieser den Befehl erteilt, die Beute herbeizuschaffen. Junge, tanzende Frauen streuen freudig Blumen aus, während rechts der alte Barde den Göttern für den Sieg dankt. Im Hintergrund rechts sind römische Gefangene zu sehen (vgl. Bettina Baumgärtel (Hrsg.): Ausstellungskatalog, Düsseldorf, Kunstmuseum, Angelika Kauffmann - eine Retrospektive, 1998, S. 395ff., Kat. Nr. 236 & 237).

Neben einem Modello Angelika Kauffmanns im Ferdinandeum, Innsbruck (Hermann von Thusneldea bekrönt, 1785, Öl auf Leinwand, 44,8 × 61,9 cm, Kunstgeschichtliche Sammlung, Gem. 299) existiert heute noch ein undatierter Stich nach dem zerstörten Originalgemälde (F.V. Durmer: Hermanns Rückkehr vom Siege (…); undatiert, Artaria Wien (vgl. Kat. Boerner 1979, Nr. 145)). In vorliegendem Gemälde gibt es jedoch Detailabweichungen gegenüber dem Innsbrucker Modello, sodass dieser wohl als mögliche Vorlage ausscheidet. Da die Farbigkeit aber jener im Modello überlieferten Farbgebung entspricht und der Künstler diese nicht allein vom Nachstich kennen konnte, folgt das Gemälde wohl direkt dem heute zerstörten Wiener Werk. Es ist „möglicherweise im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts entstanden, somit könnte es sich noch um eine Kopie handeln, die noch zu Lebzeiten der Künstlerin hergestellt wurde. … Auch sprechen einige technologische Details wie die per Hand hergestellte Leinwand mit der unregelmäßigen Struktur für eine Datierung ggf. noch während der Lebenszeit der Künstlerin.“
„Damit hätte die hier zu beurteilende Kopie eine kunstwissenschaftlich hohe Bedeutung für die Rekonstruktion eines 1945 zerstörten Werkes, das zudem als eines der Hauptwerke der Künstlerin gilt. Die Kopie müsste dann als die bislang einzige farbige Überlieferung der verlorenen Urfassung angesehen werden, die noch dazu zeitlich recht nah zur Entstehung des Originals gemalt sein dürfte. Da wahrscheinlich ist, dass der Kopist dem Urgemälde getreu gefolgt ist, sind wir ggf. in der glücklichen Lage, die endgültige Fassung des Originals auch farblich und damit besser als im Nachstich rekonstruieren zu können.“ (vgl. Gutachten Dr. Bettina Baumgärtel)