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Karl Prantl*
(Pöttsching 1923 - 2010 Pöttsching)
„Anrufungen“
2007
weißer Marmor
H. 78 cm, B. 30 cm, T. 10 cm
Schätzpreis: € 40.000 - 80.000
Auktion ist beendet.
Karl Prantl*
(Pöttsching 1923 - 2010 Pöttsching)
Anrufungen, 2007
weißer Marmor; H. 78 cm, B. 30 cm, T. 10 cm
Provenienz: Österreichischer Privatbesitz
Vor fünfundvierzig Jahren veranstaltete Karl Prantl im burgenländischen St. Margarethen das
„1. Symposion Europäischer Bildhauer“. Drei Monate lang arbeiteten Künstler aus acht Ländern im dortigen Steinbruch. Das Symposion wurde bald zur festen Einrichtung.
Dabei hatte der 1923 im nahen Pöttsching geborene Prantl nach dem 2. Weltkrieg an der Akademie in Wien in der Klasse Gütersloh eigentlich Malerei studiert. Aber schon 1950 hatte er mit Holz und Stein zu arbeiten begonnen, erste Skulpturen waren in der Werkstatt im elterlichen Haus entstanden.
Skulpturen waren auch das Thema seiner ersten Ausstellung in der Neuen Galerie der Stadt Linz, drei Jahre später beauftragte ihn die Landesregierung, einen Grenzstein zu schaffen, der später in Nickelsdorf aufgestellt wurde. Der Stein dafür stammte aus dem Steinbruch in St. Margarethen. Der junge Künstler machte dabei die Erfahrung, dass Bildhauerei in freier Natur von anderen Einflüssen geprägt war als in der Enge und Abgeschlossenheit des Ateliers. Aus dieser Erfahrung heraus entstand dann das Bildhauer-Symposion.
1961 veranlasste ihn der Bau der Mauer, nach Berlin zu gehen, um dem trennenden Wall der Gewalt die verbindende, humane Botschaft des Bildhauers entgegenzusetzen. 1962 reiste er nach Israel, 1967 in die USA, wo er nicht nur Ausstellungen bestritt, sondern auch zwei große Aufträge zur Ausgestaltung von Kirchen erhielt. Auch für österreichische Gotteshäuser entstanden damals die ersten Bildhauerarbeiten.
Nachdem Karl Prantl lange zu den Stillen im Land gehört hatte, und damit zu jenen, die leicht übersehen werden, obwohl sie viel zu sagen hätten, beginnen nun die Kunstinteressierten zu erkennen, dass das Einfache, Asketische, Meditative und Sakrale seiner Steine verbunden ist mit etwas sehr Bedeutendem; dass, wer sich diesen Steinen nähert, sie berührt, seine Finger über sie gleiten lässt, unmittelbar die meditative Kraft spürt, die sie ausströmen.
Jeder der glatt geschliffenen Steine legt Zeugnis ab für den Prozess, aus dem er entstanden ist – von Ablagerungen, Sinterungen, von Druck- und Verschmelzungsprozessen; jeder dieser Steine gewinnt aber dadurch, wie er geformt wurde, ein neues Leben, eine neue Bedeutung. Wer den subtil nachgezeichneten Schwellungen und Einbuchtungen folgt, fühlt sich spontan von ihnen berührt. Etwas wie „Verstehen“ blitzt auf, auch wenn es nicht artikuliert werden kann – wie eine Antwort, ohne dass eine Frage gestellt worden wäre. Man begreift, dass in den minimalistischen Formen ein Stück Unendlichkeit steckt, man weiß es im selben Augenblick, in dem man Kontakt zur „Haut“ des Steins aufnimmt. (OHR)