Auktionshaus

Auktion: Antiquitäten

14. Oktober 2008

0992

Hans Leinberger

(tätig in Landshut um 1510 - 1530)

„Trauernde Maria“

Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Ergebnis: € 107.520 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Hans Leinberger oder Umkreis
(um 1480-1531 oder wenig später)
Trauernde Maria
Süddeutschland, um 1510/15
Lindenholz, geschnitzt, minimale Reste alter Fassung; Darstellung der betenden Muttergottes in reich in Faltern gelegtes Gewand; museale, höchst qualitätvolle Arbeit; Ergänzungen an einer Hand;
H. 87,5 cm

Provenienz: ehemals österreichischer Adelsbesitz, seit ca. 200 Jahren in Familienbesitz
Ausgestellt in: Landesmuseum Oberösterreich, Linz, Leihgabe bis Mai 2008
Abgebildet in: Lothar Schultes/Bernhard Prokisch, Gotikschätze Oberösterreich, Landesmuseum Linz 2002, 1/14/13, S. 304
Vergleiche: Hl. Anna Selbdritt, Oberösterreischisches Landesmuseum, Linz, Inv.Nr. S 269

Hans Leinberger, oder auch Lemberger genannt, gilt als der bedeutendste Bildhauer der Spätgotik in Altbayern und einer der größten seiner Zeit.
Über seinen Geburtsort und die künstlerische Herkunft ist nichts bekannt, nur soviel dass er sich um 1510 in Landshut niederließ. Dort fertigte er ab 1516 für den Mitregenten Herzog Wilhelms IV., Herzog Ludwig X. einige Arbeiten an. Wie höhere Zahlungen untermauern, ist anzunehmen, dass seine damalige Stellung jener eines Hofkünstlers gleichte.

Als sein Hauptwerk gilt der Hochaltar des Kastulus-Münsters in Moosburg an der Isar (vollendet 1514), dem größten erhaltenen Altarretabel Altbayerns. Eine weitere wichtige Arbeit ist das 1513 datierte Anna-Selbdritt-Reliefs in der Kirche St. Johann im Gnadenthal im Gnadenthalkloster in Ingolstadt. Zu dieser Zeit dürfte der Bildhauer bereits einen sehr guten Ruf innegehabt und sich zahlreicher Aufträge erfreut haben. So wurde er etwa auch 1514 mit der Ausführung der Bronzestatue des Grafen Albrecht IV. von Habsburg nach einem Entwurf von Albrecht Dürer für das Grabmal Kaiser Maximilians in der Innsbrucker Hofkirche betraut. Dieser Auftrag war selbstverständlich für sein ohnehin schon hohes Ansehen zusätzlich förderlich. Seinen Höhepunkt erreichte Leinberger schließlich Ende der 30er Jahre mit der ehemaligen Rosenkranzmadonna von St. Martin in Landshut (um 1516/18?) und der Sitzfigur eines heiligen Jodok für die zweite Pfarrkirche der Stadt (um 1525?; heute: München, Bayerisches Nationalmuseum, Inv.-Nr. 15/114). Zu seinen letzten archivalisch belegten Werken zählen die Altarfiguren des ehemaligen Hochaltars der Liebfrauenkirche in Polling, wobei nur die thronende Muttergottes (Kloster Polling) und der Schmerzensmann (Weilheim, Stadtmuseum, Inv.-Nr. B 165) erhalten sind.

Hans Leinbergers in Holz, Metall oder Stein ausgeführten Werke waren Vorbild für viele zeitgenössische und nachfolgende Künstler. Einer seiner bedeutendesten Nachfolger im östlichen Bayern war der sog. Meister der Altöttinger Türen (Matthäus Krinis) mit seiner Werkstatt.

Die Skulptur ist im Ausstellungskatalog des Oberösterreichischen Landesmuseums in Linz mit folgenden Worten beschrieben:
"Die Figur stammt wohl von einer Kreuzigungsgruppe. Sie wurde bisher einerseits mit Hans Leinberger, andererseits mit dem Meister der Altöttinger Türen in Verbindung gebracht. Allerdings steht sie auch dem Schaffen des Meisters IP sehr nahe, wie ein Vergleich mit der Maria des Votivreliefs des Altars von Zlíchov in der Prager Nationalgalerie zeigt (Lothar Schultes, in: Valentina Torri (Hg.), Der heilige Abt. Eine spätgotische Holzskulptur im Liebieghaus, Berlin 2002, Abb. 139). Tatsächlich verrät die überaus virtuose, die Grenzen des Materials auslotende Art der Schnitzerei einen bedeutenden Künstler. Obwohl der Vergleich mit der rundplastischen Figur mit den Reliefs der nördlichen Portaltüren von Altötting schwierig ist, sind doch die Übereinstimmungen so eng, dass die Figur demselben Meister - also Matthäus Krinis - zuzuschreiben werden darf. Auch zeigen die Madonnen von Anzenberg und Haigermoos, die Neumeister dem Künstler zuschreibt, ein überaus ähnliches Faltenarrangement (Neumeister 1996, S. 90ff., Kat.Nr. 1, 3, 4)." (Lothar Schultes, in: Gotikschätze Oberösterreich, Linz 2002, S. 304)