0893
Josef Hoffmann
(Pirnitz 1870 - 1956 Wien)
„Luster“
Schätzpreis: € 40.000 - 100.000
Meistbot: € 250.000
Auktion ist beendet.
Josef Hoffmann und Koloman Moser
Luster für den Stiegenaufgang der Wiener Werkstätte-Räume in der Neustiftgasse 32/34, im 7. Wiener Gemeindebezirk
Wiener Werkstätte, 1903
Messing versilbert, teilweise Alpaca, 4 Lampen, Hammerschlagdekor, mehrteilige Glasketten an dem Lampen, geschliffene Glaskugeln und -stäbe an Metallketten; auf Holzträger montiert; Signaturen: Rosenmarke, WW, Künstlermonogramm JH, Meisterzeichen VZ für Valentin Zeileis; Der Beleuchtungskörper ist in einem exzellenten Originalzustand, lediglich einige kleine Glasteile sind ergänzt;
H. 122 cm
Lit.: Archiv der Wiener Werkstätte, MAK;
Etwa Februar 1904 übersiedelte die Wiener Werkstätte von Wien 4, Heumühlgasse in das heute noch existierende Gebäude in Wien 7, Neustiftgasse 32. Die Räumlichkeiten der Wiener Werkstätte erstreckten sich über drei Stockwerke mit "eigenen Werkstätten für Metallarbeit, Gold- und Silberarbeit, Buchbinderei, Lederarbeit, Tischlerei, Lackiererei, die Maschinenräume, die Bau-Bureaux, die Zeichensäle, den Ausstellungssaal". Die Ausstattung für sämtliche Räume wurde von Josef Hoffmann und Koloman Moser entworfen. Die Decken und Deckenbeleuchtung waren technisch gut durchdacht und entsprachen der funktionalen Forderung der WW. Dieser Luster ist ein typisches Beispiel für frühe Entwürfe der Wiener Werkstätte. Die Betonung der Funktion durch Ketten gehorchte ganz unterschiedlichen Prinzipien, die im Manifest der Wiener Werkstätte von 1905 wiedergegeben werden. Dass die Wiener Werkstätte dieses Objekt selbst besonders wertgeschätzt hat, ist daran erkennbar, dass es insgesamt drei leicht abgewandelte Entwürfe gab. Dieses Objekt war ursprünglich für einen Kunden bestimmt, wurde aber Anfang 1904 im Stiegenhaus der Geschäftsräume montiert, wo es bis zur Auflösung des Betriebes 1932 gehangen hat. Der Luster fungierte während dieser Jahre als Träger der für die WW maßgeblichen Corporate Identity.
Bemerkenswert ist der Belechtungskörper aber noch aus einem weiteren Grund: Gemarkt ist er mit dem Monogramm Josef Hoffmanns, im Archiv der WW scheint als Entwerfer aber Kolo Moser auf. Solche scheinbaren Widersprüchliche sind in der Vergangenheit immer wieder mit Irrtümern oder Nachlässigkeiten der Handwerker der WW erklärt worden. Das ist allerdings aus mehreren Gründen nicht plausibel. Wir glauben daher, dass solche Kennzeichnungen zum Ausdruck brachten, daß Moser und Hoffmann - gemeinsam - den Entwurf geschaffen haben.
Das Objekt entspricht der Forderung von Fritz Waerndorfer, wenn er 1903 an Hoffmann formuliert: "Wenn man mit einem Programm einen künstlerischen Erfolg erringen will so muß jeder Gegenstand, der aus der Hand gegeben wird, eine ausgesprochene Marke von Individualität, Schönheit und exaktester Ausführung tragen. Ihr Ziel muss von Anfang an sein, dass jeder Gegenstand, den Sie erzeugen, für einen bestimmten Zweck und Platz gemacht wird." (Brief Waerndorfer an Hoffmann vom 17.3.1903, Universität für Angewandte Kunst Wien, Inv.-Nr. 3999).