Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

28. Oktober 2003

0053

Olga Wisinger-Florian

(Wien 1844 - 1926 Grafenegg)

„Ländliche Idylle mit spielenden Kindern“
46,5 x 67,5 cm

Schätzpreis: € 0 - 130.000
Ergebnis: € 89.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Olga Wisinger-Florian
(Wien 1844 - 1926 Wien)
Ländliche Idylle mit spielenden Kindern
Öl auf Holz
46,5 x 67,5 cm
Signiert links unten: O. Wisinger-Florian
Rückseitig Klebeetikett:
1899 Katalog der XXVI. Jahresausstellung in Wien Künstlerhaus, Lothringerstrasse 9
426 Wisinger-Florian Olga, Wien Mittagssonne, Oelgm.

Die Karriere der Malerin Olga Florian begann ganz und gar nicht problemlos. Ein unbedarfter Hauslehrer verdarb vorerst das Talent der in bescheidenen, aber geordneten Verhältnissen aufwachsenden Tochter eines Beamten; sie sattelte um und ließ sich zur Pianistin ausbilden. Bald bestand berechtigte Hoffnung, dass hier eine Konzertpianistin von europäischem Rang heranwüchse. Aber erneut passierte ein Malheur: Ein hartnäckiges Handleiden setzte den hochfliegenden Träumen der jungen Frau ein jähes Ende.
Nach ihrer Heirat mit dem reichen Apotheker Franz Wisinger besann sich Olga deshalb ihrer frühen Liebe - der bildenden Kunst. Der zweite Anlauf, eine Malerin zu werden, wurde zielstrebig geplant: Als Dreißigjährige studierte sie bei August Schäffer an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach drei Jahren fand sie freilich eine noch bessere Lösung und bat jenen Maler, der für ihre Kunst bestimmend werden sollte, sie zu unterrichten: Emil Jakob Schindler.
Sechs Jahre lang nahm sie „Malstunden“; Schindler war Lehrer und Freund, aber vor allem war er oberste Instanz für die Qualität ihrer Entwicklung. Mitte der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts weiß sich die Künstlerin gerüstet für einen eigenständigen Weg, den sie mit fortschreitender Meisterschaft beschreitet. Sie beginnt zu reisen: Nach Dalmatien, Montenegro, an die Adria, überall hin, wo das Licht hell ist. Ihre Bilder schickt sie auf internationale Ausstellungen, und immer erntet sie Anerkennung.
Sie verkehrt in den besten Kreisen - aber wirklich wichtig ist ihr nur eines: Ihre Kunst. Vom einmal eingeschlagenen Weg weicht sie keinen Zentimeter ab, auch nicht, als ein eigenwillig gewähltes Motiv, ein Misthaufen, einen Skandal auslöst. Sie arbeitet unermüdlich: Ihre erklärten Ziele sind Wahrheit und Schönheit.
Zwölf Jahre vor ihrem Tod 1926 ereignet sich ein letztes Drama in ihrem Leben: Sie verliert das Augenlicht.
Was sie gesehen hat und uns noch heute in ihren Bildern zeigt, legt Zeugnis ab für eine künstlerische Entwicklung, die bei der stimmigen Darstellung der Realität ihren Ausgang nahm und in einer Kunst ihren Höhepunkt fand, der es nur noch um Licht und Farbe ging. Spätestens nach der Jahrhundertwende setzte sich Olga Wisinger-Florian nicht mehr mit der „richtigen“ Wiedergabe der Wirklichkeit auseinander, sondern sie selbst war es, die eine neue Wirklichkeit erschuf, eine empfundene und in diesem Sinne noch wirklichere. Es war ein radikaler Bruch mit der Tradition, und er wird im direkten Vergleich mit ihren Künstlerkollegen dieser Zeit besonders deutlich. Olga Wisinger-Florian ist eine der großen Bahnbrecherinnen der Moderne.

In den 1890er Jahren beginnt Olga Wisinger-Florian sich immer weniger mit den Details eines Motivs auseinander zu setzen, sondern bemüht sich zusehends um einen Gesamteindruck der Darstellung des Augenblicks.
In der Schilderung eines späten Nachmittags in einem Straßendorf sind die Personen, Frauen und spielende Kinder, die im Zentrum des Bildes schreitenden Gänse sowie die Blumen und Bäume nur schnell und andeutungsweise erfasst. Sie bilden nur die Kulisse für ein reiches Spiel von Farben, in denen sich die Stimmung einer Abenddämmerung widerspiegelt.
In dicke Farbaufträge werden Konturen eingegraben, das intensive Licht der Dämmerung sammelt sich in changierenden Braun-Gelbtönen des Straßenstaubs und den bunten Farben der Hausfassaden, während sich die Schatten auf der anderen Häuserzeile beruhigend glatt auf die Maloberfläche legen. Am Horizont sammeln sich Wolken, die zunehmend violett verfärbt werden, das Blau des restlichen Himmels sich aber langsam aufzulösen beginnt. Die Hitze des Tages scheint sich noch auf der Straße zu sammeln, während eine abendliche Kühle bereits in der Luft liegt. Kontraste von Licht und Schatten, hellen und dunklen, warmen und kühlen Tönen bestimmen das Bild und symbolisieren den Übergang von Tag zur Nacht.