Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

20. Juni 2024, 14:00 Uhr

5004

Franz West*

(Wien 1947 - 2012 Wien)

„o.T.“
1970er-Jahre
Mischtechnik auf Papier; gerahmt in Original-Künstlerrahmen
29,5 x 21,3 cm

Provenienz

direkt vom Künstler;
Privatbesitz, Österreich;
Auktionshaus im Kinsky, Wien, Lot 864, 20.06.2018;
Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 25.000 - 45.000
Meistbot: € 35.000
Auktion ist beendet.

Franz West erfährt seine frühe künstlerische Prägung im Umfeld der Wiener Aktionisten, deren Aktivitäten er aufmerksam verfolgt. 1967 nimmt er an Otto Muehls ZOCK-Fest teil und sitzt 1968 im Hörsaal 1 der Universität Wien und verfolgt gespannt die berüchtigte Aktionsveranstaltung „Kunst und Revolution“ („Uni-Ferkelei“) und ruft zum Applaus auf. Über seinen älteren Halbbruder Otto Kobalek kommt er in den 1970er Jahren mit dem Literaten- und Schauspielerkreis um Helmut Qualtinger und Joe Berger in Kontakt und lernt den Kunsthändler Kurt Kalb kennen. Kobalek macht seinen Bruder auch mit dem Lyriker Hermann Schürrer bekannt, der West 1977 einen Studienplatz in der Bildhauerklasse an der Akademie der bildenden Künste bei Bruno Gironcoli vermittelt.

In den frühen Arbeiten Franz Wests, die noch vor und während seiner Zeit an der Akademie entstanden sind, „ist das Umfeld der ‚kynischen und ironischen‘ Gruppierung neben und nach dem Wiener Aktionismus deutlich spürbar“ (Veit Loers, Franz West, Köln 2006, S. 17). Es entstehen Bleistiftzeichnungen und Mischtechniken auf Papier, sowie abstrakte Aquarelle, die er „Farbkompositionen zur Musik“ nennt. Der Künstler selbst bezeichnet die Werke dieser Phase als Prä-Œuvre.

In vorliegender Arbeit aus den 1970er Jahren paaren sich skurrile psychologische Elemente mit feinsinnigem Humor. Drei Personen haben sich zusammengefunden, eine Frau und zwei Männer mit blicklosen Augen, die obwohl sie so eng zusammengerückt sind, keine Verbindung zueinander haben. Von der hinteren, grauhaarigen Figur sieht man angeschnitten nur das zu groß geratene Gesicht. Eingefasst werden die Personen von einer wild abstrakt gestalteten Landschaft und hinterfangen von bunten Gebirgszacken unter einem Sternenhimmel mit gleich zwei Mondsicheln.

„Alles, was wir sehen, könnte auch anders sein“ (https://www.mmk.art/de/whats-on/franz-west/, aufgerufen am 19.4.2024), zitiert Franz West den von ihm hochgeschätzten Philosophen Ludwig Wittgenstein und spricht damit einen essenziellen Aspekt seiner eigenen künstlerischen Herangehensweise an. Das Prinzip der Kombination und Rekombination entspricht seiner Überzeugung, dass die Bedeutung einer Äußerung oder eines bildsprachlichen Elements nie fix und eindeutig definiert sein kann, sondern sich im jeweiligen Kontext ändert. Diese Grundprinzipien, die später sein skulpturales Werk bestimmen werden, klingen schon im frühen bildnerischen Werk an.

(Sophie Cieslar)