Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

19. Juni 2024, 15:00 Uhr

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Olga Wisinger-Florian

(Wien 1844 - 1926 Grafenegg)

„Im Burghof der Ruine Deutschlandsberg“
1880er Jahre
Öl auf Holz; gerahmt
72 x 55 cm
Rückseitig nummeriert: 1064

Provenienz

Dorotheum Wien, 17.11.1949, Nr. 114, Tafel 19 (SW-Abb.), "Schloßhof";
Privatbesitz, Österreich

Wir danken Dr. Alexander Giese und Lara Bandion, BA MA für die wissenschaftliche Unterstützung.

Schätzpreis: € 50.000 - 80.000
Meistbot: € 40.000
Auktion ist beendet.

Olga Wisinger-Florian widmete sich relativ spät der Malerei, nämlich erst mit 31 Jahren, nachdem sie aus gesundheitlichen Gründen eine musikalische Laufbahn als Pianistin aufgeben musste. Bei Privatlehrern wie den Künstlern Melchior Fritsch sowie August Schaeffer von Wienwald erhielt sie ersten Unterricht. Bestimmend für ihre Malerei wurde jedoch Emil Jakob Schindler, bei dem sie ab 1880 Privatstunden nahm. Um den charismatischen Landschaftsmaler scharte sich eine kleine Gruppe von Schülern, zu denen u.a. auch Carl Moll und Marie Egner gehörten. Mitte der 1880er Jahre emanzipierte sich Wisinger vom Einfluss Schindlers, das Lehrer-Schüler-Verhältnis wurde gelöst und ihre Wege trennten sich. Mit Marie Egner hingegen verband sie eine langjährige, kollegiale Freundschaft. Im Jahr 1900 gründeten die beiden, gemeinsam mit anderen, den Verein „Acht Künstlerinnen“, um durch gemeinsame Ausstellungen auf das künstlerische Schaffen von Frauen aufmerksam zu machen.

In der ersten Hälfte der 1880er Jahre suchte Wisinger-Florian indessen noch ihren Weg als Künstlerin, und die Meinung Schindlers war für sie oberste Instanz. Ihre damals entstandenen Arbeiten spiegeln sowohl in Motivwahl, Malweise und Kolorit das Kunstwollen des "Meisters" wieder. Auch bei vorliegendem Gemälde erweist sie sich als talentierte Schindlerschülerin. Sie wählte ein Sujet, welches auch ihre Mitschülerin Marie Egner wiederholt dargestellt hat. Die aus der Steiermark stammende Egner malte bereits Ende der 1870er Jahre den Hof der Burgruine Deutschlandsberg. Eine weitere Fassung davon muss wohl später entstanden sein (vgl. Landessammlung NÖ, Inv.-Nr. KS-A 145/81). Ob Wisinger-Florian jemals in der Weststeiermark war ist nicht belegt, das Werk ihrer Kollegin muss sie aber inspiriert haben. Wisingers Version des romantischen Innenhofs wurde mit einer zusätzlichen Staffagefigur (sitzende alte Frau), sowie Truthühnern und Hühnern belebt. Darüber hinaus setzte die Künstlerin farbliche Akzente durch Details wie Sonnenblumen und Blumentöpfe mit roten Geranien. Reizvoll gestaltete sie den von der Sonne beschienenen rückwärtigen Teil des Arkadenhofs mit Ziehbrunnen und zum Trocknen auf einer Leine aufgehängter Wäsche. Wisinger-Florian schuf mit diesem Werk eine stimmungsvolle Momentaufnahme, die durch Detailreichtum sowie Unmittelbarkeit besticht und die in der gekonnten Darstellung des Sonnenlichts von Wisingers frühen Meisterschaft zeugt. (MS)