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Kurt Absolon*
(Wien 1925 - 1958 Wulkaprodersdorf)
„Selbstporträt“
um 1948
Öl auf Papier auf Karton; gerahmt
49,5 x 37 cm
Provenienz
Galerie Maier, Innsbruck;
österreichischer Privatbesitz
Ausstellung
1990 Wien, Historisches Museum der Stadt Wien, Kurt Absolon. Der Zeichner mit der Grasharfe, 08.02.-22.04.
Literatur
Bernhard Hainz (Hg.)/Stefan Üner (Hg.), Kurt Absolon. Monografie und Werkverzeichnis, Weitra 2021, Nr. 9, S. 191, mit Farbabb.
Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Meistbot: € 30.000
Auktion ist beendet.
Wenn man an die österreichische Nachkriegsmoderne denkt, kommt man an dem Wiener Maler und Grafiker Kurt Absolon nicht vorbei. Absolon zählte zu den talentiertesten Künstlerpersönlichkeiten nach 1945. Bis zu seinem tragischen Unfalltod 1958 im Alter von nur 33 Jahren, hinterließ Absolon ein reifes und originelles Werk, das sich neben Größen wie Herbert Boeckl, Alfred Kubin und Egon Schiele behaupten konnte. Absolons subtile Arbeiten laden ein, um zwischen die Zeilen zu schauen. Neben dem zeichnerischen Werk, das zwischen Expressionismus, Existenzialismus und Surrealismus pendelt, existieren rund 80 Ölbilder. Aufgrund ihrer limitierten Anzahl nehmen diese Werke einen exklusiven Stellenwert innerhalb seines Œuvres ein.
Da Absolon als junger Künstler in der Nachkriegszeit kaum Geld hatte und Leinwand teuer war, malte er oft auf Papier. Das vorliegende Selbstporträt um 1948 ist ein frühes Beispiel für die damalige prekäre Zeit, als die junge Künstlergeneration faktisch vor dem Nichts stand und nach einem Neuanfang strebte. Im flirrenden Pinselduktus und leuchtender Farbigkeit sucht Absolon hier als junger Maler nach Selbstfindung und Autonomie. Die expressive Malweise zeigt den Einfluss vom Fauvismus bis zum Expressionismus eines Herbert Boeckls, bei dem Absolon Ende der 1940er Jahre den Abend-Akt besuchte. Gleichzeitig lässt das psychologisch aufgeladene Motiv den Bezug zu Vincent van Goghs Selbstbildnissen herleiten. Das Bild zeugt von einem spontanen und impulsiven Charakter. Die Farbe wird zum Stimmungsträger, wobei der Untergrund immer wieder zum Vorschein kommt.
Absolon hatte seine ganz eigene Theorie zum Kunstwerk: „Ebenso wie die Frage nach dem Sinn des Lebens eine Gewissensfrage ist, die niemals beantwortet werden kann, sondern nur die Überzeugung und geistige Haltung des Befragten aufzeigt, hat auch das Kunstwerk keinen Zweck, ist keine Antwort, keine Lösung und niemals ein Genussobjekt, sondern einfach das Produkt menschlichen Geistes und menschlicher Schöpferkraft, entsprungen der Sehnsucht, dem Dasein Dauer zu verleihen und den Tod durch ein Werk zu besiegen, nicht den leiblichen, wohl aber den geistigen, das Aufgehen in ein Nichts durch ein Zeugnis des Hiergewesenseins zu überwinden“ (Kurt Absolon: Originalität, Radikalität, Individualität, in: Hans Weigel, Stimmen der Gegenwart 1953, Wien 1953, S. 126). Das Selbstporträt ist im Werkverzeichnis von Dr. Bernhard Hainz und Dr. Stefan Üner mit der Nummer 009 eingehend dokumentiert (Bernhard Hainz (Hg.)/Stefan Üner (Hg.), Kurt Absolon – Monografie und Werkverzeichnis, Weitra 2021, S. 191, WV Nr 009).
(Stefan Üner)