Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

27. November 2023, 14:00 Uhr

Objektübersicht
Objekt

0101

Alfons Walde*

(Oberndorf 1891 - 1958 Kitzbühel)

„Kirchstiege“
um 1920
Öltempera auf Papier auf Karton; gerahmt
27 x 29,5 cm
Signiert rechts unten: A / Walde
Originales Künstleretikett rückseitig am Karton

Provenienz

Uta Ferlisi, vorm. Anne Müller-Watzl, Kitzbühel;
dort vom Onkel der gegenwärtigen Eigentümerin am 13.01.1968 erworben (Rechnung liegt bei), österreichischer Privatbesitz

Das Bild ist im Werksarchiv von Alfons Walde registriert.

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Ergebnis: € 43.560 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Auch wenn Alfons Walde wesentliche künstlerische Impulse im secessionistischen und frühexpressionistischen Wien der Vorkriegsjahre fand, entschied er sich nach dem Krieg für seine Heimatstadt Kitzbühel. Die formalen Anregungen, die er zu Beginn seiner künstlerischen Laufbahn von Klimt und Schiele übernahm, hat er schon früh auf den Motivbereich der bäuerlichen und kleinstädtischen Milieuwelt der Gegend von Kitzbühel übertragen.

Die Figur des Bauern beschäftigt Walde während seines ganzen Schaffens. In einprägsamen Bildsujets zeigt er den Typus des Bauern eingebunden in seinen Landschafts- und Lebensraum. Dabei gilt sein Interesse nicht dem Themenkreis der bäuerlichen Tätigkeit, sondern der Sonntags- und Feiertagsstimmung. Das Bildmotiv "Kirchstiege" basiert auf dem bereits 1914 gefundenen Bildkonzept "Kirchgang" (vgl. Gert Ammann, Alfons Walde, Innsbruck 2005, Abb. S. 192), das Alfons Walde ab 1920 in der vorliegenden Fassung weiter entwickelt. Nach der Sonntagsmesse werden Kirchgänger in Festtagstracht die Stiege der Kirche hinabsteigend wiedergegeben. Im eng gewählten Bildausschnitt ist zentral im unmittelbaren Vordergrund eine Kirchgeherin mit einem Mädchen an der rechten Hand und einem Knaben zur Linken zu sehen. Dahinter folgen ein Mann und eine Frau mit leuchtend rot-orangem Umhang, während ganz oben, vom Bildrand überschnitten, nur noch ein Bruchstück einer weiteren Figur zu erahnen ist. Die Hintergrundkulisse bleibt mit schnellem Strich summarisch angedeutet. Gekonnt verleiht Walde seiner Bildkomposition Dynamik, indem er die nach vorne gerichtete Schrittbewegung der Frau mit blauer Schürze mit ihrer zur Seite gewandten Blickrichtung kontrastiert. Auf eine nähere physiognomische Charakterisierung und Ausformung des Individuellen verzichtet er bewusst und schafft so Archetypen: seine Kirchgänger sind Repräsentanten einer allgemeingültigen Situation.
(Claudia Mörth-Gasser)