Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

27. November 2023, 14:00 Uhr

0157

Herbert von Reyl-Hanisch

(Wien 1898 - 1937 Bregenz)

„Bergseepanorama“
1929
Öl auf Holz; gerahmt
63 x 59 cm
Signiert und datiert rechts unten: Herbert Reyl / 1929

Provenienz

Privatbesitz, Deutschland

Schätzpreis: € 18.000 - 36.000
Ergebnis: € 32.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der Erste Weltkrieg bedeutete für viele Maler eine Zäsur, die expressionistische Farbexperimente fragwürdig erscheinen ließ und in der Kunst das Bedürfnis nach Ruhe und Ordnung weckte. In der Malerei der Zwischenkriegszeit rückte die Welt des Sichtbaren wieder in das Blickfeld des Interesses und damit einhergehend kam es zu einer Rückbesinnung auf malerische Traditionen. Reyl-Hanischs Oeuvre fügt sich in den Kontext der realistischen Strömungen der Zwanziger und Dreißiger Jahre und macht diese um eine besondere Facette reicher.

Bereits seit 1923 waren Bilder von Herbert von Reyl-Hanisch regelmäßig in der Wiener Secession zu sehen, Ende der 1920er Jahre wurde er in die Genossenschaft bildender Künstler Wiens aufgenommen. In Berlin beteiligte er sich 1931 an einer Gruppenausstellung in der Galerie Gurlitt, 1934 an einer Schau im Kunstverein Rostock. Durch seine guten gesellschaftlichen Kontakte zu wohlhabenden Kreisen erhielt er auch in den wirtschaftlich schwierigen Jahren viele Porträtaufträge. Neben dem Genre Porträt galt Reyl-Hanischs Interesse der Landschaftsmalerei. Mit Franz Sedlacek verband ihn eine enge Freundschaft, die zu einer gegenseitigen künstlerischen Beeinflussung führte. Vor allem in der Auffassung und malerischen Behandlung des Landschaftssujets spiegelt sich die Nähe zu Sedlacek wider. Das Bild einer idealisierten Landschaft wird bei Reyl-Hanisch - wie auch in manchen Gemälden Sedlaceks - zum utopischen Sehnsuchtsort.
Charakteristisch für Reyl-Hanischs Oeuvre sind weite Überblickslandschaften wie die vorliegende, die den Blick in die Tiefe zu einem hellen schneebedeckten Gebirge leitet. Das in altmeisterlicher Manier auf Holz gemalte "Bergseepanorama" entstand 1929 in einer Zeit, als das Schaffen des Künstlers einen Höhepunkt erreichte. Der Landschaftsraum ist streng und präzise komponiert. Besonders in der auffallenden Gliederung der Landschaft in horizontale und vertikale Bildelemente wird das Streben um formale Ordnung, Harmonie und Ausgewogenheit augenfällig. Je zur Hälfte wird die Bildfläche durch die brauntonige Landschaft und den zum Horizont hin heller werdenden Himmel geteilt, während sich im Motiv des Bergsees im Mittelgrund die Natur in der Wasserspiegelung verdichtet. Das geordnete, menschenleere Bild der Natur gleicht einer Traumlandschaft, die zum Ausdrucksträger von Stimmungen und seelischem Befinden avanciert. "Das Land der Seele" ist der Titel eines Manuskriptes, das Reyl-Hanisch zum bekannten, 29 Gouachen umfassenden Bilderzyklus "Seelenlandschaften" schreibt, an dem er in den Jahren zwischen 1928 und 1929 arbeitet, in jener Schaffensphase, in die auch unser "Bergseepanorama" datiert.
(Claudia Mörth-Gasser)