Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

28. November 2023, 16:00 Uhr

1021

Jeronimus van Diest II.

(Den Haar 1633/34 - 1684 oder später, London)

„Ruderboot, Smalschip und weitere Schiffe auf bewegter See“
um 1650-60
Öl auf Leinwand; gerahmt
102 x 144 cm

Provenienz

Lempertz, Köln, 16. Mai 2009, Nr. 1075 (als Simon de Vlieger);
Kunsthandel, Österreich, 2010;
Dorotheum, Wien, 10. November 2020, Nr. 224 (als Simon de Vlieger);
Dorotheum, Wien, 9. Juni 2021, Nr. 191 (als Pieter Mulier Nachfolger);
Niederländischer Privatbesitz

Gutachten Dr. Gerlinde de Beer, Berumbur, 10. September 2023.

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Auktion ist beendet.

Auf heftig bewegter See kreuzen mehrere Boote und Schiffe. Die vordere Wellenbahn ein vollbesetztes Ruderboot tragend ist in der Art eines Repoussoirs dunkelgrau gestaltet. Im rechten Mittelgrund fährt ein ‚Smalschip‘ nach rechts, auf welchem zwei Seeleute das Vorsegel und die Flagge sichern, während ein Dritter das Ruder bedient. Weitere Schiffe beleben die See im Hintergrund, während in der Ferne des linken Bildteils diagonale leicht streifige Partien den Niedergang von Regenschauern andeuten. Dort hebt sich vor einem helleren Himmelsbereich die Silhouette einer Kirche mit einem stumpfen Turm ab. Der Schauplatz ist nicht näher spezifiziert. Doch die Anwesenheit von Dreimastern in Küstennähe deutet auf die Zuiderzee hin, die bis auf den Zugang zur offenen Nordsee von Festland umgeben war, aber von Dreimastern befahren werden konnte.

Seit dem Aufscheinen des Gemäldes am Kunstmarkt im Jahre 2009 hat es bisweilen unterschiedliche Zuschreibungen erfahren und wurde sowohl Simon de Vlieger (1600/01-1653) als auch einem Nachfolger Pieter Muliers I. (um 1600-1659/61) zugeschrieben. In einer ausführlichen Analyse konnte Dr. Gerlinde de Beer das vorliegende Seestück nun jedoch als eigenhändiges Werk des in Den Haag und London tätigen Marinemalers Jeronimus van Diest II. identifizieren.
Das Gemälde ist besonders vergleichbar mit zwei monogrammierten Werken van Diests: „Heringfänger unter Geleit von Kriegsschiffen“ in der Sammlung Inder Rieden (vgl. G. de Beer, u.a.: The Golden Age of Dutch Marine Painting, The Inder Rieden Collection, Leiden 2019, Bd. II, Kat. Nr. 43) und „Marinelandschaft mit Fischern im Vordergrund“ (Koller, Zürich, 1. April 2011, Lot 3027). Gemälde wie diese beinhalten kleine Details, die auf Werken von Jeronimus van Diest immer wiederkehren, wie beispielsweise kreisförmige Wolkenformationen durch eine mittige Aufklarung des Himmels, sowie unvermittelt auftauchende kleine Buntwerte in der Kleidung der Seeleute oder drapierte Tücher, hier das verspielte, dekorative Element der um den Flaggenstock gewickelten Flagge. Auch das vollbesetzte Ruderboot mit vorn links mit zehn Insassen, von denen ein Stehender einen Bootshaken hält, findet sich immer wieder, beispielsweise in der oben erwähnten „Marinelandschaft“ oder ein ähnliches Boot mit sechs Insassen auf Jeronimus van Diests 1667 entstandenem Hauptwerk, welches das beschlagnahmte englische Admiralsschiff ‚Prince Charles‘ (Amsterdam, Rijksmuseum, inv./cat.nr. SK-A-1389), zeigt (vgl. Gutachten Dr. Gerlinde de Beer).