Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

28. November 2023, 16:00 Uhr

1010

„Mariä Verkündigung“
um 1500
Öl auf Holz; gerahmt
67 x 48 cm (rundbogiger Abschluss)

Provenienz

ehemals Sammlung Graf Limburg-Stirum (laut rückseitigem Etikett);
Galleria Gilberto Zabert, Turin, 1998;
seit 2010 italienische Privatsammlung

Literatur

Didier Bodart, in: Turin, Galleria Gilberto Zabert. Dipinti e sculture dal XIV al XIX secolo, 1998 (als Meister von Saint-Jean-De-Luz, tätig um 1475/80)

Schätzpreis: € 20.000 - 40.000
Ergebnis: € 32.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die reizvolle Tafel besticht durch das gekonnte Spiel mit den drei klassischen Kunstgattungen – Malerei, Architektur und Bildhauerei verschmelzen auf kleinster Fläche. So wird die Verkündigungsszene in eine raumschaffende Scheinarchitektur verortet: Gabriel trägt ein goldbesticktes Messgewand und kniet vor der Jungfrau, welche demütig der Verkündigung, dargestellt durch eine Schriftrolle, lauscht: „Ave Maria, gratia plena; Dominus tecum“. Die klare Architektur öffnet den Bildraum perspektivisch und demonstriert das Bestreben einer überzeugenden Tiefenwirkung. Die dekorativen Architekturelemente, das mit Phantasietieren bevölkerte Fries und die reliefierte Lünette greifen italienisch inspirierte Motive auf, welche bereits im 15. Jahrhundert auch ihre Verbreitung nördlich der Alpen fanden. Besonders durch die in Grisaille ausgeführten Steinelemente werden Malerei und die dreidimensionalen Künste verbunden.

Die von Putten getragenen Wappenschilder mit erkennbaren Bourbonen-Lilien verweisen auch auf den Ursprung der Tafel im franko-flämischen Kunstraum, in welchem gerade die Kunst der Grisaille-Malerei seit der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts kultiviert wurde. Beispiele hierfür finden sich sowohl bereits bei Robert Campin (1375-1444) oder Jan van Eyck (1390-1441) als auch später beim Meister von Moulins (Außentafel des Altars der Kathedrale Notre-Dame, Moulins (Auvergne), um 1497) oder dem Meister von Saint Jean de Luze (Porträts von Hugues de Rabutin und seiner Ehefrau Jeanne de Montaigu, um 1470). Der damalige künstlerische Austausch war rege und die Grenzen der Zuordnung zwischen Nordfrankreich, Burgund und Flandern fließend.