Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

20. Juni 2023, 14:00 Uhr

2167

„Bildnis Kaiser Rudolf II. (1552-1612) im Alter von drei Jahren“
1555
Öl auf Holz; parkettiert; gerahmt
18 x 15 cm
Bezeichnet und datiert tls. unleserlich rechts oben: RODOLPHUS / AETATIS SVE / ANOR: 3: / ANO : DNI : / 1555:

Provenienz

Galerie St. Lucas, Wien, 1936;
Frederick Mont/Adolf Fritz Mondschein, New York, 1950;
Privatsammlung Karl (Charles) Baron Neuman de Végvár (1883-1959) und Edith Neuman de Végvár (1893-1984), Greenwich (Connecticut);
Erna Neuman de Végvár (1923-2002), New York, ab 1989;
Nachlass Rudolf von Strasser, Wien

Ausstellung

1950 Baltimore, The Baltimore Musem of Art, "Behold the Child";
1988/89 Wien, Kunsthistorisches Musem, Nr. 592

Literatur

Behold the Child, Ausstellungskatalog, The Baltimore Museum of Art, Baltimore 1950, S. 6 (als Jakob Seisenegger, "Portrait of Hapsburg Prince");
Kurt Löcher, Jakob Seisenegger. Hofmaler Kaiser Ferdinands I., Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 31, Linz 1962, S. 104, Nr. 123 (Zuschreibung an Francesco Terzio);
Claus Virch, Paintings in the Collection of Charles and Edith Neuman de Végvár, New York 1970, S. 24 (als Jacob Seisenegger);
Prag um 1600. Kunst und Kultur am Hofe Kaiser Rudolfs II., Ausstellungskatalog, Kunsthistorisches Museum, Wien, Bd. 2, Freren 1988, S. 123, Nr. 592, SW-Abb. (als unbekannter Künstler)

Schätzpreis: € 10.000 - 20.000
Ergebnis: € 15.360 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Als drittes Kind von Kaiser Maximilian II. (1527-1576) und seiner Gemahlin Maria von Spanien (1528-1603) wurde Rudolf Thronfolger des römisch-deutschen Kaiserreiches. Der erstgeborene Sohn Ferdinand verstarb noch im frühen Kindesalter (1552). Die ältere Schwester Anna (1549-1580) hatte gemäß der Tradition bekanntlich keinen Anspruch auf den Thron des Kaiserhauses. Die höfische Porträtkultur der Habsburger schenkte den Kinderbildnissen besondere Aufmerksamkeit, sollten sie doch die Legitimierung der Herrschaft, gesellschaftliche Stellung und Reputation der Erbprinzen und Erbprinzessinnen transportieren. Bereits der Hofmaler Jakob Seisenegger (1505-1567) wurde mit Darstellungen der Nachkommen Kaiser Ferdinands I. betraut. Seine höfischen Porträts müssen als typenbildende Vorbilder gelten. Folglich verwundert es nicht, dass das vorliegende Porträt Rudolfs in der Vergangenheit ebenfalls Seisenegger zugeordnet wurde - hatte dieser schließlich Jahre zuvor schon den Vater Maximilian im Kindesalter porträtiert.
Der kleine Rudolf wird in vorliegendem Brustbild durch eine Inschrift, rechts oben im Hintergrund, identifiziert. Der Künstler verstand es meisterhaft die Ansprüche eines offiziellen Porträts mit der Natürlichkeit eines Kindes in Einklang zu bringen. Die rosigen Wangen, zarten Züge und großen Augen entsprechen der Physiognomie eines Dreijährigen. Die Ähnlichkeiten, wie der zart geschwungene Mund, das changierende Inkarnat, die Glanzlichter im Haar sowie das modellierende Licht, zu Seiseneggers „Erzherzogin Eleonore (1534-1594), Herzogin von Mantua als Zweijährige" (KHM, Wien, Gemäldegalerie, 872) sind nicht von der Hand zu weisen.
Rudolf richtet seinen Blick jedoch direkt an den Betrachter und nicht unbeteiligt vorbei, wie für frühe höfische Kinderbildnisse typisch. Die in sich ruhende, statische Haltung und die edle Gewandung verbildlichen auch hier Würde und Stellung des Erbprinzen. Auffallend ist jedoch die schlichte Zeichnung der Goldkette und die beinah skizzenhafte Behandlung des Gewandstoffes. Wohl aufgrund dieser Handhabe schreibt Kurt Löcher 1962 das „leicht hingeworfene, ganz venezianisch behandelte Bildchen“ dem aus Bergamo stammenden Maler Francesco Terzio (1523-1591) zu, welcher ebenfalls am Hofe Maximilans II. tätig zahlreiche Familienmitglieder des habsburgischen Kaiserhauses porträtierte.
Der Porträttypus des kindlichen Erzherzogs weist auffällige Übereinstimmungen mit der Darstellung desselben in dem Gruppenbildnis „Kaiser Maximilian II. und seine Familie“ (um 1553/54; KHM Wien, Inv. Nr. 3448) auf, welches vormals ebenso die Zuordnung an Terzio erfuhr, heute jedoch Giuseppe Arcimboldo (1527-1593) zugeschrieben wird (Abb. 1). Die Ausführung des nach rechts gewandten Prinzen, dort dem Alter entsprechend spielerisch und lebhaft dargestellt, „ist allerdings verschieden von der skizzenhaft leichten, nach venezianischem Vorbild malerisch offenen und lockeren Malweise“ des vorliegenden Kinderporträts (vgl. Prag um 1600).