Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

19. April 2023, 15:00 Uhr

0364

Elsa Gramcko*

(Venezuela 1925 - 1994 Venezuela)

„La atalaya roja“
1964
Mischtechnik auf Holzplatte; ungerahmt
65 x 30 cm
Rückseitig bezeichnet, signiert und datiert: "La atalaya roja" Elsa Gramcko 1964

Provenienz

europäischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 10.000 - 20.000
Ergebnis: € 13.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Die venezolanische Malerin und Bildhauerin Elsa Gramcko gilt als eine der wichtigsten Vertreterinnen des Surrealismus und des Informel in Lateinamerika. In den 1950er Jahren entstanden malerische geometrische Abstraktionen, während sie sich in den 1960er und 1970er Jahren verstärkt der Bildhauerei und Assemblagen zuwandte. Ihr Werk wurde auf zahlreichen Ausstellungen in Lateinamerika, Europa und den USA gezeigt. Sie vertrat Venezuela 1959 auf der Kunstbiennale von São Paulo und 1964 auf der Biennale von Venedig. Ihre Werke sind in privaten und öffentlichen Sammlungen in Lateinamerika und weltweit vertreten, darunter das Museum of Modern Art, New York, das Museum of Fine Arts, Houston, das Art Museum of the Americas, Washington, D.C., das Denver Art Museum, das Museum of Modern Art in Bogota und das Museum of Fine Arts in Caracas.

Die im Jahr der Biennale-Teilnahme entstandene Assemblage „La Atalaya Roja“ („Der rote Wachturm“) gehört zur Serie der „Chatarras“. In diesen plastischen Collagen verwendet Elsa Gramcko ausrangierte Metallteile – alte Zahnräder, Autoteile, verrostete Schlösser – und baut aus diesen Schrotteilen (chatarras auf Spanisch) magische Bildwelten. Diese weisen eine reduzierte, gedämpfte Farbpalette auf: Ocker-, Rost- und Sepiatöne legt die Künstlerin über ein stellenweise löchrig belassenes Gitterwerk, in das sie zwei verrostete Türschlösser eingearbeitet hat. Alltägliche Gebrauchsteile erhalten somit eine neue Identität und das Bild einen lyrischen Gehalt, der aber auch eine Kritik an der rücksichtslosen Industrialisierung ihrer Heimat Venezuela birgt. Elsa Gramcko selbst bezieht dazu Stellung: „Diese Arbeiten stellen die zeitgenössische Gesellschaft in Frage... es geht wirklich darum, uns dagegen zu wehren, dass wir zu automatisierten Maschinen werden, zu Zähnen auf einem Zahnrad, und es geht darum, unsere Individualität zu verteidigen." (https://www.jamescohan.com/exhibitions/elsa-gramcko, aufgerufen am 12.3.2023)

Ihr Werk, voller Mysterium und Schönheit, kann also als stiller Protest gegen eine ungezügelte Modernisierung interpretiert werden und ist somit als visionär zu bezeichnen, nimmt sie doch viele Themen, die uns heute beschäftigen in ihrem Werk vorweg. In einem Brief an ihren Landsmann, den Maler und Bildhauer Alejandro Otero, aus dem Jahr 1961 schreibt sie: "Von Tag zu Tag wird alles, was nicht politisch oder sozial ist, unwichtiger, und die Situation scheint so chaotisch, dass wir alle das Gefühl haben, am Vorabend einer Katastrophe zu stehen.“ (https://literalmagazine.com/elsa-gramcko-the-path-of-intuition-form-and-things/, aufgerufen am 12.3.2023)

(Sophie Cieslar)