Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

09. Dezember 2022, 15:00 Uhr

2246

Otto Muehl*

(Burgenland 1925 - 2013 Portugal)

„Der Geist aus dem Tintenfass“
1986
Öl auf Leinwand; ungerahmt
90 x 90 cm
Rückseitig signiert, datiert und bezeichnet: Muehl 21.11.86, Der Geist aus dem Tintenfass

Provenienz

am Friedrichshof erworben;
seither Privatbesitz, Wien

Schätzpreis: € 30.000 - 60.000
Ergebnis: € 42.240 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

„Otto Muehl war ein totaler Außenseiter und er hat sich an nichts gehalten… jedes halbe Jahr ist er mit einem anderen ‚Gott‘ dahergekommen, sei es Gauguin oder Van Gogh oder wieder jemand anderer. Diese Sprunghaftigkeit… hat mich fasziniert, weil er immer auf der Suche war… er war ein Suchender, ein echter Suchender.“ (Rudolf Schmutz, https://www.leopoldmuseum.org/de/presse/presseunterlagen/90/Otto-Muehl-Sammlung-Leopold, aufgerufen am 16.10.2022)

Um 1970 beginnt sich Otto Muehl, der zuvor den Imperativ vom „zertrümmerten Tafelbild“ geprägt hatte, wieder der Malerei zuzuwenden. Es wird klar, dass sich dieser „vermeintlich bildstürmerische Ansatz“ weniger gegen das Bild als solches, sondern eher gegen einen festgefahrenen Kunstbegriff richtet, „welcher das klassische Tafelbild zum Fetisch erhoben hatte. Es geht also weniger um ein grundsätzliches Infragestellen von Bildmöglichkeiten, sondern vor allem darum, die Position des Kunstwerks als aktivistisches, performativ geprägtes Instrument zu erweitern.“ (https://www.leopoldmuseum.org/de/presse/presseunterlagen/90/Otto-Muehl-Sammlung-Leopold, aufgerufen am 16.10.2022)

Ab 1986 entstehen die Bilder der Serie „Unfälle im Haushalt“, die in einem an die amerikanische Pop-Art angelehnten Stil mit stark betonten Konturen und einer flächigen Malweise in Kombination mit einer reduzierten, zugleich übersteigerten Farbigkeit gemalt sind. Zu dieser Werkfolge gehört auch „Der Geist aus dem Tintenfass“. Ein Tintenfass ist umgekippt, oder fällt es zu Boden: eine genaue räumliche Einordnung ist aufgrund des komplett neutral gehaltenen Bildgrundes ohne weitere Anhaltspunkte nicht möglich. Es gibt auch keinen Schattenwurf, der dem Betrachter die Orientierung erleichtern würde. Ist das Tintenfass in seiner Flächigkeit dennoch nach perspektivischen Regeln in seiner Umrisshaftigkeit erfasst, so bildet der Schwall der blau umrandeten roten Tinte ein zweidimensionales Flächenmuster. Im Titel bezieht sich Otto Muehl auf ein Märchen auf 1001 Nacht. Der Geist aus seiner Flasche befreit, muss dem Erlöser dienen und ihm jeden Wunsch erfüllen. Umgangssprachlich bedeutet „den Geist aus der Flasche lassen“ auch etwas auslösen, das kaum rückgängig gemacht werden kann. Hier bezieht sich Otto Muehl vielleicht auch auf die Kraft des geschriebenen Wortes, das mit blutroter Tinte geschrieben, noch mehr Macht besitzt.

„Die Stilformen berühmter Vorbilder benützt er, ahmt er nicht nach, sondern paraphrasiert und verleiht den alten Formen neue Bedeutung und Energie. Die Wirkung dieser Bilder ist stark, lebendig und oft brutal unkonventionell. Sie überzeugen nicht nur durch Form- und Farbgebung, sondern sind originell, humorvoll und spontan, ungehemmt in der Darstellung und energiegeladen vom Impetus her.“ (https://www.leopoldmuseum.org/de/ausstellungen/23/otto-muehl, aufgerufen am 17.10.2022)

(Sophie Cieslar)