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Karl Prantl*
(Pöttsching 1923 - 2010 Pöttsching)
„Stein zur Meditation“
1970er
Amazonit aus dem Kaukasus, grün-braun gesprenkelt
182 x 22 x 15 cm
Provenienz
österreichischer Privatbesitz;
Auktionshaus im Kinsky, 28.10.2003, Lot 248;
österreichische Privatsammlung
Schätzpreis: € 50.000 - 100.000
Auktion ist beendet.
„Prantls Meditationssteine sollen (…) in einen Zustand der Versenkung führen und damit eine spirituelle Verbindung zwischen Mensch und Natur, repräsentiert durch den Stein, entstehen lassen. Von dieser Selbstreflexion erhofft sich der Bildhauer, dass beim Betrachter ein gedanklicher Prozess über grundsätzliche Fragen des Lebens in Gang kommt. (Winter, Alexander: "Der Steinbildhauer Karl Prantl: Werkkatalog 1950-2000", Inaugural-Dissertation LMU München, 2008, S. 68/69)
Karl Prantls empfindsames Werk in seiner reduzierten Formensprache machte ihn zu einem der wichtigsten Künstler im Nachkriegseuropa. In ganz Europa sind seine Steinskulpturen zu finden, sowohl im öffentlichen Raum, in Kirchen, als Land Art aber auch als Mahnmale und Zeugen von unfassbarem Leid, wie etwa sein sechs Meter hoher Granit in Mauthausen. Neben seinem herausragenden künstlerischen Ruf gründete er 1958 auch das Bildhauersymposium in St. Margarethen und war stets bemüht, Künstler mit ähnlicher Gesinnung zusammenzubringen und den Dialog zu fördern – ein Ansinnen, das ihn lebenslang begleitete.
Obwohl im Wien der Nachkriegszeit mit Fritz Wotruba, Joannis Avramidis, Wander Bertoni, Josef Pillhofer und Rudolf Hoflehner ein starkes Zentrum für Skulptur bestand, unterscheidet sich die Arbeit Prantls grundlegend von den Werken seiner Kollegen. Er selbst sah sie als Art Brücke zum Geistigen, was auch die Bezeichnung "Stein zur Meditation" bzw. "Meditationsstein" erklärt. Bereits während seines ersten Japanaufenthaltes 1969 machte er sich mit der Philosophie des "Zen" vertraut, die unter anderem über Meditation und intuitive Erkenntnis zu Wahrheit und Erleuchtung führen soll. Seine Steine sollen über sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne gemeintes „Begreifen“ den Betrachter in eine stille Selbstversenkung führen. Der Stein als „Medium“ stellt für Prantl eine Art Konzentrat von Entwicklungsvorgängen dar, aber auch ein Denkmal für das Weiterwirken von Vergangenem. Ob es sanfte Mulden, geglättete und polierte, neben rauen Oberflächen, sanfte Wellen oder die charakteristischen, rosenkranzähnlichen Perlen sind – stets geht der Bildhauer von der ursprünglichen Struktur und Form des Steines aus, berücksichtigt seine Farben, Risse und den mineralischen Aufbau, steht in ununterbrochenem Dialog mit seinem Material, das er als lebendig und organisch begreift. Versenkung durch Begreifen und Abtasten ist die stille Einladung an den Betrachter, wobei auch der Sehsinn auf seine Kosten kommt: Prantl arbeitete mit unterschiedlichsten Steinen: grüner Serpentin, rot-brauner Adneter, silber-schwarzer Labrador, grün-braun gesprenkelter Amazonit bis weißer Marmor, um nur einige zu nennen. Stets wurde der Stein dabei als ein lebendiges Wesen behandelt, dessen Besonderheit und Schönheit durch die Hilfe des Bildhauers erst zum Vorschein gebracht werden sollte.
Karl Prantl vertrat Österreich 1986 auf der Venedig-Biennale und erhielt 2008 den Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst. Er gilt als ein Wegbereiter der abstrakten Bildhauerei.
(Ina Waldstein)