Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

06. Dezember 2022, 17:00 Uhr

0364

Olga Wisinger-Florian

(Wien 1844 - 1926 Grafenegg)

„"Im Schilf"“
1902
Öl auf Leinwand
91 x 126 cm
Signiert rechts unten: O. Wisinger-Florian
Rückseitig auf Etikett von der Künstlerin eigenhändig bezeichnet: O. Wisinger-Florian / Wien, IV. Wienstr. 9 / Im Schilf / Oelgemälde

Provenienz

Dorotheum Wien, 552. Auktion, 6. Juni 1961, Nr. 122, Tafel 50;
Dorotheum Wien, 566. Auktion, 1. Dezember 1964, Nr. 136, Tafel 55;
Privatbesitz, Österreich;
seit den 1960er/70er Jahren Privatbesitz, Wien

Literatur

Alexander K. Giese, Olga Wisinger-Florian. Leben und Werk. Vom Poetischen Realismus zum Farbexpressionismus, Dissertation, Wien 2018, S. 374, Abb. 176 (Q151) "Seerosen im Schilf"

Schätzpreis: € 70.000 - 140.000
Ergebnis: € 320.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Olga Wisinger-Florian, eine der wichtigsten österreichischen Künstlerinnen des ausgehenden 19. Jahrhunderts, ist bereits zu Lebzeiten für Ihre Landschaftsdarstellungen und Blumenbilder berühmt gewesen. Als Schülerin von Emil Jakob Schindler lernte sie die Natur in ihrer Schönheit und Vielfalt, oft im Wechsel der Jahreszeiten, auf Leinwand festzuhalten. Die finanziell gut abgesicherte Künstlerin reiste durch ganz Europa und sogar bis nach Amerika, immer auf der Suche nach pittoresken Sujets. In Österreich verbrachte sie vor allem die Sommermonate meist außerhalb von Wien, wodurch sich der Motivschatz der Künstlerin wesentlich erweiterte. Eine besondere Vorliebe entwickelte sie zu Grafenegg, wo sie sich ab Mitte der 1890er Jahre immer wieder aufhielt, um zu malen, aber auch um die nahe Kuranstalt auf Burg Hartenstein, welche nördlich von Weißenkirchen liegt, zu besuchen. Im Jahr 1905 verlegte sie schließlich ihren Hauptwohnsitz von Wien nach Grafenegg.

Die Künstlerin hat jahrelang penibel Tagebuch geführt. Auch zu vorliegendem Gemälde, welches in Schlickendorf, einem Ort in der Nähe von Krems, entstanden ist, hat sie Aufzeichnungen zur Entstehung gemacht:
"29.8.1901: Nach Tisch nach Schlickendorf ins Gasthaus, wo ein ganz herrlicher Teich ist, ganz unglaublich schön, und dahin kam ich erst so spät; 1.9.1901: Vormittag in Schlickendorf eine Schilf- und Wasserrosenskizze gemalt, sehr schwer; 5.8.1902: Abends ein neues großes Bild begonnen, den Schlickendorfteich mit Wasserrosen, kleines Stück Blätter und Wasser gemalt, sehr schwer; 6.8.1902: Abends großes Stück Wasser und Blätter gemalt mit Luftspiegelung im Wasser…; 12.8.1902: Mit den Schülerinnen in Schlickendorf soupiert; 14.8.1902: Abends endlich wieder im Schilf gemalt…; 26.8.1902: Abends allein in Schlickendorf. Ecke rechts mit Schilfspiegelung gemalt; 27.8.1902: Abends das Wasser und ganzes Schilfbild geschlossen.“ (Vgl. Giese, Dissertation 2018, S. 215)

Die Datierung des Werkes ist somit mit 1902 gesichert und kann in das reife Werk der Künstlerin eingeordnet werden. Wisinger-Florian ist am Höhepunkt ihres künstlerischen Schaffens angelangt. Von der tonigen Malerei ihres Lehrers Schindler hatte sie sich schon lange gelöst und zu einer expressiven Malweise und Farbigkeit gefunden. Den Pinsel ersetzte sie nun oft durch die Spachtel. Die Farben selbst verwendete sie unvermischt, wodurch diese an Intensität gewinnen. Vor allem jedoch gelang es ihr durch genaue Beobachtung das Sonnenlicht „einzufangen“ und mit Hilfe von Licht und Schatten zu gestalten. (MS)