Auktionshaus

Auktion: Jugendstil & Design

29. Juni 2022, 18:00 Uhr

1412

Josef Hoffmann

(Pirnitz 1870 - 1956 Wien)

und

Wiener Werkstätte

„Kerzenleuchter“
Wien, 1931
versilbertes Alpaka, Hammerschlagdekor; seitlich am oberen Rand gemarkt mit "WIENER/WERK/STÄTTE", Entwerfermonogramm "JH" und "MADE/IN/AUSTRIA"
26,6 x 29,9 x 20,2 cm

Provenienz

Privatbesitz, Australien

Literatur

Wiener Werkstätte-Archiv, MAK Wien: Inv.-Nr. WWKA-742-1 (Zeitgenössisches Foto)

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 25.600 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der sechsarmige Kerzenleuchter ist eines der spätesten Metallobjekte, die die Wiener Werkstätte nach einem Entwurf Josef Hoffmanns ausgeführt hat: Der Entwurf entstand 1931, ausgeführt wurde er – es existiert nur ein einziges Exemplar - gegen Jahresende. Damals litt die Wiener Werkstätte bereits schwer unter krisenhaften Erscheinungen. Der langjährige Mehrheitsgesellschafter Kuno Grohmann war als Folge des New Yorker Börsenkrachs verarmt und musste seine Geschäftsanteile abgeben; auf Vermittlung Josef Hoffmanns stiegen Alfred Hofmann und der Schweizer Unternehmer Georges Oeri als neue Finanziers ein. Josef Hoffmann beteiligte sich auch weiterhin nicht an der Gesellschaft – obwohl er hiezu wirtschaftlich zweifellos in der Lage gewesen wäre - , arbeitete für sie aber hingebungsvoll und schuf noch zahlreiche Entwürfe, darunter einige Metallobjekte, viele Stoffe und Tapeten. Sämtliche Rationalisierungs- und Einsparungsmaßnahmen, die die Wiener Werkstätte in dieser Zeit getroffen hat, sind fehlgeschlagen, im Frühjahr 1932 haben deren Gesellschafter die Liquidierung der Wiener Werkstätte beschlossen, im Herbst dieses Jahres ist der Betrieb gesperrt und das gesamte Warenlager versteigert worden.
Unser Kerzenleuchter war nicht von dieser Liquidation betroffen; er ist noch 1931 an dessen Käufer ausgeliefert worden, angeblich über direkte Vermittlung Josef Hoffmanns. Auf Aussehen und Qualität der Ausführung hat der wirtschaftliche Niedergang der Wiener Werkstätte keinen Einfluss gehabt: Stilistisch entspricht der Leuchter ganz dem Hoffman-Stil dieser Zeit, also zierdelose, funktionsbetonte Formgebung, sparsame, die Form nicht beeinflussende Dekoration, die lediglich die Oberfläche ein wenig „auflockert“. Die eigentümliche Kombination aus einem Kerzenleuchter und einer Tasse mutet an, als habe Josef Hoffmann bewusst von zum Auffangen von Wachs bestimmten Tüllen abgesehen und stattdessen als Standfuß eine Auffangvorrichtung gewählt.
Wir nehmen an, dass eines der sich auf der Innenseite der Tasse befindenden Dekorelemente in Wahrheit die ligierten Initialen des Käufers wiedergibt. Dieser hat den Leuchter, als er 1938 vor den Nationalsozialisten fliehen musste in seine neue Heimat Australien mitgenommen. Seine Nachkommen haben sich jetzt entschlossen, das Kunstwerk nach Österreich zurückzubringen. (EP)