Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

28. Juni 2022, 17:00 Uhr

0253

Friedrich Gauermann

(Miesenbach 1807 - 1862 Wien)

„Eine ländliche Bauernschupfe mit hereineilendem Vieh“
1843
Öl auf Holz
52,5 x 74 cm
Signiert rechts unten: F. Gauermann
Rückseitig Etikett: Hoflieferant Vergolder, Kunsthandlung/Rahmenfabrik Friedrich Kirschner, Breslau
Rückseitig Etikett mit der Nr. 6139

Provenienz

1843 ausgeführt für H. Beck. Fellner, Wien (laut Einnahmebuch);
seit ca. Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz der Familie Schottländer, Breslau/Berlin;
im Erbgang an den derzeitigen Besitzer (europäischer Privatbesitz)

Literatur

Rupert Feuchtmüller, Friedrich Gauermann. 1807-1862. Der Tier- und Landschaftsmaler des österreichischen Biedermeier, Wien 1962, S. 185, Nr. 166;
Rupert Feuchtmüller, Friedrich Gauermann. 1807-1862, Rosenheim 1987, S. 291, Nr. 206 (SW-Abb.)

Vergleiche: Kompositionsentwurf "Heimkehr in den Stall" (Nr. 7059), Kupferstichkabinett Akademie der bildenden Künste Wien, abgebildet bei Feuchtmüller (1987), S. 196

Schätzpreis: € 100.000 - 200.000
Ergebnis: € 204.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Vorliegendes Gemälde beschreibt Gauermann in seinem Einnahmebuch unter der Nummer 166 folgendermaßen: "Eine ländliche Bauernschupfe; Kühe, Pferde und Schafe drängen sich beim Tor herein, welches eine Bauerndirne mit Mühe gegen den Wind aufmacht. Draussen sieht man Dorf und Gebirge im heftigen Regen, im Baum saust der Wind. Ein alter Bauer sitzt auf dem Schimmel den Hut haltend ... Ackergeräte liegen umher, Hühner sitzen geduckt auf denselben."

Auch in einem Brief aus dem Jahr 1846 erwähnte der Künstler das Werk, welches sich damals in seinem Wiener Atelier befunden hat: „Das Interieur (retour à la ferme beym Regenwetter), es wird Effekt machen und ist mir fast das liebste, weil es fast ganz nach der Natur ist.“ Zu Recht war der Künstler stolz auf seine Arbeit, gelang ihm hier doch die virtuose Erfassung des Atmosphärischen von Sturm und Regen sowie eine harmonische Lichtführung, mit der er die heimelige, dämmrige Stimmung des schützenden Stalls festzuhalten verstand.

Friedrich Gauermann zählt zu jener Generation von Künstlern, die sich als eine der ersten dem Naturstudium und dem Erfassen der Wirklichkeit im Bild am Beginn des 19. Jahrhunderts gewidmet haben. Als Sohn des Malers Jakob Gauermann hatte er dafür die besten Voraussetzungen, wurde sein Talent doch früh erkannt und gefördert. Darüber hinaus prägte und inspirierte ihn die wild-romantische Gegend rund um seinen Heimatort Scheuchenstein, am Fuße des Schneebergs.

Zum Studium ging der junge Künstler nach Wien, wo er die Akademie nach nur 4 Jahren mit Auszeichnung verließ. Die Qualität seiner Werke wurde vom Publikum geschätzt und bald waren Gauermanns Gemälde in den wichtigsten Sammlungen vertreten. So begeisterte nicht nur seine vortreffliche Malerei, die spontan und gleichzeitig auch penibel genau war, sondern es waren vor allem die Themen, die das Interesse der Zeit trafen: erhabene Gebirgslandschaften, dramatische Tierkämpfe, erfolgreiche Jagdszenen und Einblicke in das Leben der Menschen auf dem Land. Zahlreiche Skizzen entstanden im Freien vor den Motiven. Diese komponierte er dann im Atelier zu einer frei gestalteten Szene in Öl, bei der sich barocke Dramaturgie mit dem modernen Blick auf eine authentische Natur meisterlich verband. (MS)