Auktionshaus

Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts

28. Juni 2022, 17:00 Uhr

0239

Johann Michael Neder

(Wien 1807 - 1882 Wien)

„"Der im Wirtshaus überraschte Gatte"“
um 1828
Öl auf Leinwand
31 x 39 cm

Provenienz

Galerie Welz, Wien, Juni-Juli 1940, Nr. 2;
Dorotheum Wien, 15.10.2008, Nr. 700;
österreichische Privatsammlung

Literatur

Galerie Welz (Hg.), Michael Neder. 1807-1882, Verkaufsausstellungskatalog, Wien 1940, S. 15, Nr. 2;
Karl Hareiter, Michael Neder, Wien 1948, S. 131, Nr. 8, Tafel 1 (Farbabb.);
Gerbert Frodl/Klaus Albrecht Schröder (Hg.), Wiener Biedermeier. Malerei zwischen Wiener Kongreß und Revolution, Ausstellung im Kunstforum der Bank Austria, Wien, München 1992, S. 30, SW-Abb. 30

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 12.800 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Der aus eine Schusterfamilie in Oberdöbling stammende Johann Michael Neder ist wohl einer der unkonventionellsten Vertreter des Wiener Biedermeier. Als nüchternem Schilderer des oftmals in der Vorstadt beheimateten Kleinbürgertums kommt ihm heute nicht nur eine besondere künstlerische, sondern auch eine dokumentarische Qualität zu.

Durch Zufall als Talent entdeckt, besuchte Neder 1821-1829 die Akademie, feierte schon in dieser Zeit Publikumserfolge und erhielt 1826 den Czernin-Preis. Dennoch zweifelte der Maler zeitlebens an sich, und ging auch bis 1834 weiter dem Beruf des Schuhmachers nach. Bis auf wenige kurze Reisen in den 1830er und 50er Jahren verließ der bescheidene Volksmaler Wien bis zu seinem Tod nie.

Durch seine eigenwillige Wirklichkeitsauffassung und die für ihn typische trockene, reduzierte Darstellungsform lässt sich Neders Œuvre nur schwer in das stilistische und motivische Spektrum der Genremalerei seiner Zeitgenossen einordnen. Die Themen seiner Gemälde sind im täglichen Leben zu finden: fröhliche Zusammenkünfte ebenso wie Raufereien auf dem Kirtag, Unterhaltungen beim Heurigen oder im Wirtshaus, aber auch die harte Arbeit von Dienstmägden und Weinhauern.

Auf beschönigende Schilderungen verzichtet Neder ebenso, wie auf übertriebene malerische Effekte. Ein besonderer Reiz liegt in der von ihm eingesetzten Farbigkeit, die die Einfachheit der dargestellten Dinge unterstreicht. Im vorliegenden Gemälde erzählt Neder eine Geschichte, die sich so durchaus zugetragen haben könnte: Eine wütende Ehefrau überrrascht ihren Mann am Wirtshaustisch. Mit erhobener Faust ist sie im Begriff auf diesen einzuschlagen. Beobachtet wird die Szene, nicht ohne Schadenfreude, vom Wirt und zahlreichen Gästen. Formen und Bewegungen der Figuren sind reduziert, die Reaktionen auf das Geschehen jedoch sehr direkt. In seiner ungekünstelten Charakterisierung schafft Neder so ein reizvolles Stück aus dem Alltagsleben, dem eine große Portion Humor zugrunde liegt. (IH)