Auktionshaus

Auktion: Alte Meister

28. Juni 2022, 15:00 Uhr

0105

Frans Francken der Jüngere

(Antwerpen 1581 - 1642 Antwerpen)

„Der geigende Tod“
wohl späte 1630er Jahre
Öl auf Holz
19 x 15 cm

Provenienz

Sotheby's London, 22. Januar 1975, Lot 120;
österreichische Privatsammlung

Literatur

Ursula Härting, Frans Francken der Jüngere (1581-1642). Die Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Freren 1989, S. 357-59, Nr. 401 (als „Der geigende Tod")
Ursula Härting: Studien zur Kabinettmalerei des Frans Francken II. Hildesheim 1983, Nr. A306c (als „Der Tod als Verkünder der Vergänglichkeit")

Gutachten von Dr. Ursula Härting, Hamm, 16. Mai 2022, liegt bei.
Expertise von Dr. Hans Herbst, Wien, 24. Mai 1976, liegt bei.
Gutachten von Dr. Walther Bernt, München, 26. Februar 1976, liegt bei.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 32.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Den knochigen Fuß auf eine ablaufende Sanduhr gestützt, spielt der Tod in Gestalt eines Gerippes dem reichen Greis auf seiner Geige zum letzten Tanz auf. Im Versuch, das Unausweichliche hinauszuzögern, weist der Alte auf sein hochgelagertes, krankes Bein. Im rechten Hintergrund öffnet Francken durch einen Torbogen den Blick auf eine weitere Begebenheit, die ein offenbar früheres Zusammentreffen des Mannes mit dem Tod darstellt. Zu sehen ist ein junger Mann, wohl der Greis selbst in seiner Jugend, mit einem großen Federbusch auf dem Hut, der vor dem Tod steht, mit dem er einen Pakt auszuhandeln scheint. Das Motiv eines Mannes, der mit dem Tod zu verhandeln sucht, spielte auch in der zeitgenössischen Literatur eine große Rolle: Die 1495 verlegte Moral Elkerlyc, in welcher der Protagonist vergeblich versucht, den Tod zu bestechen, um sich eine Gnadenfrist zu erkaufen, war ein besonders populäres und erfolgreiches Theaterstück der Zeit. Auch der später von Johann Wolfgang von Goethe aufgegriffene Faust-Stoff verarbeitet diese Idee (zur Ikonographie vgl.: Ursula Härting, Frans Francken II. - un peintre étonnamment inventif, in: Ausst.-Kat. La Dynastie Francken, Cassel 2020/21, S. 39-54, besonders S. 47-48).
Dieses beliebte zweifigurige Motiv ist von Frans Francken dem Jüngeren in verschiedenen Versionen bekannt (vgl. Ursula Härting, Frans Francken der Jüngere (1581-1642). Die Gemälde mit kritischem Œuvrekatalog, Freren 1989, S. 357-360). In der vorliegenden Fassung sind der Alte und der zum Tanz aufspielende Tod näher aneinandergerückt als in anderen Versionen, sodass sich zwischen den einander anblickenden Gesichtern eine besondere Spannung aufbaut. Die Allegorie des mit dem Tod verhandelnden Reichen ist in mehrere mittelalterliche Traditionen eingebettet: auf der einen Seite die der Vanitas, eine Rüge der Eitelkeit, die daran erinnern soll, dass irdische Güter vergänglich und allein das Seelenheil von Bedeutung sei; auf der anderen Seite das sich seit dem 14. Jahrhundert verbreitende Thema des Totentanzes, in dem der Tod jeden ohne Unterscheidung mit sich nimmt, sowohl die Mächtigen als auch die Armen.