Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

06. April 2022, 15:00 Uhr

0365

Ludwig Schwarzer*

(Wien 1912 - 1989 Linz)

„Nostalgie Total“
Tempera auf Karton
49 x 70 cm
Signiert rechts unten: L Schwarzer

Provenienz

aus dem Nachlass des Künstlers;
Privatbesitz, Oberösterreich

Literatur

Michaela Nagl und Peter Kraft (Hg.), Ludwig Schwarzer. Der Spiegelfisch. Eine Retrospektive. Weitra 2004, Abb. 68, S. 96.

Schätzpreis: € 10.000 - 20.000
Ergebnis: € 13.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Zwei Büsten, Fragmente von Menschen aus Fleisch und Blut auf schwarzen Sockeln, stehen in einer steinernen Fensterlaibung. Der Mann mit dem Bowlerhut erinnert an Bilder René Margrittes wie das rätselhafte Selbstbildnis „Der Sohn des Menschen“. Die Frau mit dem schwarzen Bubikopf, eine Femme fatale der 1920er Jahre, taucht immer wieder in den Bildern Ludwig Schwarzers auf. Zwischen den beiden Figuren blickt man auf eine weite Wasseroberfläche mit einer aus den Fluten ragenden weißen Kugel: Ist es die Sonne, die im Abendrot im Meer versinkt, oder der Mond, der seine abendliche Tour über den Himmel beginnt? In jedem Fall ist es eine zeitliche Abfolge, die hier versinnbildlicht wird. Das Moment der Zeit wird nochmals im liegenden Ziffernblatt im Vordergrund aufgenommen – wir denken an die zerrinnenden Uhren in den Bildern Salvador Dalís –, aber hier gibt es keine Uhrzeiger, die uns eine Zeit anzeigen können. Die Uhr schweigt, ist ihrer Sprache beraubt, zeitlos, zum ewigen Stillstand verdammt.
Mann und Frau sind in Profilansicht wiedergegeben und betrachten einander mit traumverlorenem Blick. Ein Paar, das über seine gemeinsame Vergangenheit sinniert, sich leicht wehmütig an schöne Zeiten erinnert, wie uns der Bildtitel „Nostalgie total“ verrät. Aber es hat sich ein Riss gebildet, der vom oberen Bildrand nach unten verläuft. Die aufklaffende Stelle entlarvt den Bildgrund als schöne Illusion, keine reale Meereslandschaft ist es, auf die wir blicken, lediglich ein Abbild davon, das abgenutzt, erste Risse aufweist. Voll Wehmut erkennen wir, dass hier eine Hommage an die schönen Zeiten einer Zweisamkeit zu sehen ist und wir mit der Endlichkeit allen Seins konfrontiert werden.

(Sophie Cieslar)