Auktionshaus

Auktion: Klassische Moderne

09. März 2022

2029

Josef Floch*

(Wien 1894 - 1977 New York)

„Das Leben (Blaue Landschaft mit Menschen)“
1923/24
Öl auf Leinwand
89 x 66,4 cm
Signiert rechts unten: Floch
Rückseitig auf Etikett eigenhändig bezeichnet: I hereby give and / donate to my daughter / Jenny Floch the pain- / ting known as: Blue / Landscape 1920 on the / reverse / Joseph Floch 1958

Provenienz

Wienerroither & Kohlbacher, Wien;
österreichischer Privatbesitz

Ausstellung

1964 New York, Forum Gallery, Inv. Nr. 1325

Literatur

Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk, 1894-1977. Mit einem Werkverzeichnis seiner Ölbilder und dem Tagebuch von 1911 bis 1974, Wien 2000, Abb. S. 127, WV-Nr. 71;
Karl Pallauf (Hg.)/Eberhard Kohlbacher (Hg.)/Alois Wienerroither (Hg.), Josef Floch. Wien, Paris, New York, Wien 2017, Nr. 14, Abb. S. 61

Schätzpreis: € 35.000 - 70.000
Meistbot: € 52.000
Auktion ist beendet.

1918 reist Josef Floch nach München, wo er zum ersten Mal mit Bildern von Paul Cézanne, Vincent van Gogh und Hans Marées in Kontakt kommt – eine Erfahrung, die für sein weiteres Schaffen von großer Bedeutung sein wird. Sein großes Interesse am Werk anderer Künstler führt ihn auch nach Holland, Dalmatien, Italien und 1923 für sechs Monate in die Levante. Das Bild „Das Leben“ oder „Blaue Landschaft mit Menschen“ steht in enger Verbindung zu Josef Flochs Reise nach Palästina und ist in Komposition und Aufbau mit weiteren Arbeiten wie „Der Traum“, „Palästina“ oder „Figuren und Landschaft“ (Karl Pallauf, Josef Floch. Leben und Werk, 1894-1977, Wien 2000, WV-Nr. 68-70) vergleichbar. Wie wichtig das Bild für den Künstler ist, belegt die Tatsache, dass er es seiner Tochter Jenny zum Geschenk macht, wie eine eigenhändige Widmung auf der Rückseite verrät.

Stilistisch und auch in der melancholischen Grundstimmung, die den alles dominierenden Blautönen zuzuschreiben ist, orientiert sich Josef Floch an den Bildern der „Blauen Periode“ von Pablo Picasso. Dieser setzt sich nach dem Selbstmord seines engsten Freundes, des spanischen Dichters Carles Casagemas, mit existentiellen Themen auseinander und verarbeitet diese in höchstemotionalen Kompositionen, die vorwiegend in der Farbe Blau ausgeführt sind. Josef Floch kombiniert diesen Gefühlskolorismus mit Neuerungen in der räumlichen Gestaltung der Bildfläche, die er aus seiner Beschäftigung mit der Kunst Paul Cézannes ableitet. Das führt zu einem Verzicht auf eine klassische Perspektive, die Tiefenwirkung entsteht rein aus der Farbe heraus. Dabei löst er die Konturen der gemalten Gegenstände nicht auf, sondern fasst Mensch, Landschaft und Architektur mit schwarzen Umrisslinien ein. Gleichzeitig baut er innerhalb dieser Konturen die Volumina mit einzelnen farbig nur leicht voneinander abweichenden Pinselstrichen auf. Auch Licht- und Schattenzonen entstehen dem Vorbild des großen Franzosen folgend rein aus der Farbigkeit heraus. Erst in der Betrachtung des Bildes aus einer gewissen Distanz entwickeln Figuren und Architektur räumliche Beziehungen in einem Vorder- und Hintereinander und die einzelnen Volumina von Körper und Landschafsformen werden erfahrbar. Die Menschen, die den Bildvordergrund dominieren, zwei Männer, eine Frau und ein Kind, sind in ihren Bewegungen verharrend, eher skulptural, denn lebendig anmutend. Lediglich das Kind, das ganz im Vordergrund mit dem Rücken zum Betrachter liegt, hat durch die rosa Farbtöne im Bereich des Kopfes und der Arme etwas Lebendiges an sich. Ebenso vermitteln die im Bild verteilten Gelb-Ockertöne, die einzelne Partien der Landschaft ausleuchten, bei längerer Betrachtung ein Gefühl der Wärme und Lebendigkeit, das in Kontrast zum dominierenden Blau tritt.

Josef Flochs „Bilder sind von einer Stille, die der Ewigkeit gleicht, seine Figuren, Räume, Landschaften scheinen dem Betrachter wie durch einen feinen Schleier entrückt. Sie erzählen keine Geschichten, haben keine Handlung, sie beschreiben Zustände. Seine Gemälde gleichen Stilleben, die Geheimnisse atmen“ (Marianne Hörmann, Josef Floch, Schweigen der Bilder – Sprache der Träume, in: Parnass 2000, Heft 4).
(Sophie Cieslar)