Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

09. März 2022

3066

Erwin Wurm*

(Bruck 1954)

„Iced pickle tree“
2020
Glas
H. 39,5 cm
Edition: 2/8
Berengo Studio, Murano

Provenienz

Privatbesitz, Wien

Literatur

Die vom Künstler unterzeichnete Expertise liegt in Kopie bei.

Schätzpreis: € 15.000 - 30.000
Ergebnis: € 20.000 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

Erwin Wurm ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler in Österreich und zählt zweifellos zu den wichtigsten Gegenwartskünstlern weltweit. Er interpretiert die Bildhauerei seit mehr als drei Jahrzehnten immer wieder neu, indem er klassische Ansätze der skulpturalen Technik auf innovative, humoristische und doppeldeutige Weise in Frage stellt und den Betrachter mit Unerwartetem konfrontiert. Die bewusste Gegenüberstellung des Betrachters mit Dingen, die ganz aus ihrem Zusammenhang gerissen und in außergewöhnliche Situationen gebracht wurden, erheitern und irritieren zugleich. Es ist eine Auflehnung gegen die Vernunft und Logik, die er mit seiner Kunst verfolgt. Er will die Dinge auf den Kopf stellen und so auf neue Realitäten stoßen. In uns abgespeicherte Bilder und Klischees, mit denen wir die Welt um uns herum einordnen und zu verstehen versuchen, werden ad absurdum geführt. Dabei bezieht er auch interaktive, soziale und zeitliche Aspekte mit ein.

Gurken tauchen zum ersten Mal im Jahr 2008 in Erwin Wurms „Selbstportrait als Essiggurkerl“ im Museum der Moderne in Salzburg auf. Es handelte sich dabei um eine Installation aus sechsunddreißig in Acryl gegossenen und naturalistisch bemalten Essig- und Salatgurken. Inzwischen ist die Gurke schon fast so etwas wie ein Markenzeichen des Künstlers geworden.
Der Titel der gezeigten Skulptur „Iced Pickle Tree“ aus Muranoglas verweist einerseits auf den Zustand des eingefroren Seins und Erstarrens und andererseits auf die Möglichkeit, in der Hand einen Baum zu sehen. Der Arm könnte als Baumstamm dienen, die Hand als Baumkrone und die Finger als Äste, auf denen eine Frucht gedeiht. In diesem Fall ist es eine Gurke, die tatsächlich nicht auf einem Baum wächst. Genau genommen ist die Gurke auf den Finger gesteckt. Der Zeigefinger und der Mittelfinger sind zum Siegeszeichen erhoben. Jedoch fällt gleich irritierend auf, dass der Zeigefinger fehlt oder einfach abgebrochen zu sein scheint und so die Gestik der Hand nicht ganz eindeutig macht. Die Interpretation lässt der Künstler hier bewusst offen, damit der Betrachter selbst neue Bedeutungsebenen erschließen kann.

Erwin Wurm hat eine künstlerische Sprache gefunden, die in ihrer Einzigartigkeit, ihrem Humor, ihrer Irritation, ihrer Ironie und dem hintergründigen Ernst weltweit verstanden werden kann. Und es gelingt ihm auf außergewöhnliche Weise scheinbar belanglose, emotional aufgeladene Objekte unserer Welt zu Ikonen zu machen, wie zum Beispiel „das Gurkerl“.

(Sophie Höfer)