Auktionshaus

Auktion: Zeitgenössische Kunst

08. Juli 2021, 17:00 Uhr

2332

Herbert Brandl*

(Graz 1959)

„o.T.“
2007
Öl auf Leinwand; ungerahmt
218 x 170 cm
Rückseitig signiert und datiert: Brandl 07

Provenienz

Galerie Zimmermann Kratochwill, Wien;
seit 2011 österreichischer Privatbesitz

Schätzpreis: € 25.000 - 50.000
Ergebnis: € 46.200 (inkl. Gebühren)
Auktion ist beendet.

In den Jahren 2004 bis 2019 leitet Herbert Brandl eine Malereiklasse an der Kunstakademie Düsseldorf. 2007, im Entstehungsjahr unseres Bildes, vertritt er Österreich auf der Biennale in Venedig. Er gehört zur Gruppe der „Neuen Wilden“, die die Lust an der Malerei, an der Farbigkeit für sich wiederentdeckt haben und der in den 1980er Jahren totgesagten Malerei neues Leben einhauchen. Brandls Bilder beeindrucken durch ihre starke Präsenz und sind in ihrer atmosphärischen Tiefe unverkennbar. Immer wieder bringt er die Natur und ihre Stimmungen ins Spiel, die selbst in den abstraktesten Kompositionen fühlbar werden.

Neben der Thematik, Licht, Farbe und Raum, kommt in diesem Bild noch eine unerhörte Dynamik ins Spiel. In breiten Bahnen ziehen die Farbströme über die Bildfläche. Durch das sich nach oben hin Verengen dieses Stroms entsteht ein Höhenzug, der diese Beweglichkeit noch zusehends akzentuiert. Der Fluss kann über die Leinwand hinaus bis ins Unendliche weitergedacht werden. Gekonnt setzt Brandl unterschiedliche Farben übereinander, erzeugt durch helles Gelb, Blau und Türkis ein Lichtspektakel, das an barocke Heiligen-Apotheosen erinnert. Gleichzeitig eröffnet er durch die dunkleren Töne, die dazwischen liegen, das Gefühl für einen sich in die Tiefe erstreckenden Raum. So expressiv diese Komposition wirken mag, so geht es Herbert Brandl doch „[…] um Gegenteiliges. Um der handschriftlichen Bravour, dem gekonnten Setzen der Farbfläche und dem aus dem psychischen Befinden generierten Gestus entgegenzusteuern, zermalt und zersetzt der Künstler seine Pinselstriche in einem stetigen Über- und Übermalen.“ (Florian Steininger, Herbert Brandl. Malerei ist stets im Brennpunkt, Parnass, Heft 2, Wien 2002, S. 101) So erscheinen seine „beeindruckenden Farbnebel naturalistisch und abstrakt zugleich“ (Steininger, S. 101). Sie erinnern an reißende Bäche, stürmische Meeresoberflächen, glühende Abendhimmel und barocke Wolkentürme. Assoziationen sind erlaubt und wohl als künstlerische Inspirationsquellen auszumachen, und dennoch geht es immer um den Malprozess, um die Farbe und ihre Dynamik an sich. Es sind abstrakte Farbfelder, „monumentale Farbräume“ (http://sammlung-essl.at/jart/prj3/essl/main.jart?content-id=1363947043047&rel=de&article_id=1364382716189&reserve-mode=active, zugegriffen am 7.5.2021), die unverkennbar die Handschrift eines der größten Farbvirtuosen der österreichischen Malerei der Jetztzeit tragen.

(Sophie Cieslar)